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Metropolis - Remake geplant

Begonnen von mali, 20 Dezember 2007, 14:09:54

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HenryChinaski

ui ui ui....Ein Remake eines Stummfilmes? Sehr heikel.

Tri-City-Maniac

Langsam kommt mir die Galle hoch ... diese Art von Leichenfledderei, die zur Zeit in der der Filmbranche zugange ist, ist nur noch peinlich.

Ein Remake zeichnet sich für mich persönlich dadurch aus, dass es zumindest ebenso gut wie das Original sein/werden sollte ... und das ist bei diesem Film meiner Meinung nach unmöglich. Ich sehe schon die nächsten Lang-Remakes ... M – Eine Stadt sucht einen Mörder ... der müde Tod ... Dr. Mabuse (wobei die Reihe damals eigentlich ein gutes Remake mit Fröbe erfahren hatte) ...


Happy Harry mit dem Harten

Zitat von: Tri-City-Maniac am 22 Dezember 2007, 02:28:16
M – Eine Stadt sucht einen Mörder ...

Dazu gibts übrigens schon ein amerikanisches Remake, welches absolut grottig sein soll. Ist ja auch nicht so das erst seit ein paar Jahren haufenweise Remakes und Fortsetzungen gedreht werden.

Tri-City-Maniac

Zitat von: COPFKILLER am 22 Dezember 2007, 09:49:52
Ist ja auch nicht so das erst seit ein paar Jahren haufenweise Remakes und Fortsetzungen gedreht werden.

Hatte ich ja auch gar nicht behauptet ...

Hedning

22 Dezember 2007, 23:39:08 #5 Letzte Bearbeitung: 22 Dezember 2007, 23:41:59 von Hedning
Zitat von: Tri-City-Maniac am 22 Dezember 2007, 02:28:16Dr. Mabuse (wobei die Reihe damals eigentlich ein gutes Remake mit Fröbe erfahren hatte)

Ich finde die Mabuse-Filme der 60er Jahre furchtbar. Schnell abgedrehte Atze-Brauner-Billigware im Fahrwasser der teilweise ausgezeichneten Wallace-Krimis, inklusive des von Lang selbst gedrehten Teils. Gert Fröbe ist noch das Beste an den Streifen.

Ein Remake von Metropolis finde ich nicht so schlimm. Wenigstens ist hier die Möglichkeit, dass die Neuversion das Original ersetzen soll, so undenkbar, dass der neue Film nicht so viel kaputtmachen kann. Vielleicht bringt er auch einige Leute dazu, sich mit dem alten Film oder Langs Stummfilmen überhaupt zu beschäftigen, das wäre schon mal ein positiver Effekt.

MMeXX

Da ich gestern zum ersten Mal das Original gesehen habe - in interessanter Umgebung (Kirche + Orgelbegleitung) - muss ich sagen, dass man statt eines Remakes lieber versuchen sollte, die verschollenen Szenen aufzutreiben. ;) Könnte mir gar kein Remake vorstellen. Schon allein die "Moloch"-Szene sowie "Der Tod ist über der Stadt" fand ich sehr bedrückend/beklemmend/beängstigend. Oder um es mit den Worten des Films zu sagen:
Wenn der (original-)Film das Hirn und die Remake-Macher die Hände sind, würde ich es schwer finden einen guten Mittler (also das Herz) zu finden. ;)

McKenzie

Lässt mich kalt. Sollen sie doch. War nur eine Frage der Zeit, bei einem so exzellenten und zeitlosen Science Fiction-Stoff. Ein Hollywood-Remake wird dem Original nicht weh tun, sein Status ist ohnehin über jeden Angriff erhaben.

Viel schlimmer finde ich, das ein Remake von "Die sieben Samurai" (Produktion: The Weinstein Company) in Vorbereitung ist - das wird eine Leichenfledderung. Ich erwarte eine Art "The Last Samurai 2".  :kotz:
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Seemops

Leichenfledderei ist etwas hart gesagt, wenn man bedenkt, dass das sich Bedienen an anderen Stoffen durchaus vollkommen normal ist. Jedenfalls in Kunst und Literatur. Etwas vorhandenes aufgreifen - darin sehe ich nichts Schreckliches. Auch beim Film nicht, was viele anders sehen (besonders bei Literaturverfilmungen). Das Problem ist lediglich, dass der Film häufig versucht, das Original zu kopieren. Weiterhin ist das Problem, dass genau das erwartet wird, und dann Änderungen kritisiert werden. Ist aber nicht verwunderlich, wenn bspw. der Titel beibehalten wird. Auch zu kritisieren ist die grundsätzliche Motivation. Ist sie künstlerisch oder materiell bzw. finanziell.
Vorteile gibt es auch: Nicht nur das bereits angesprochene neu entstehende Interesse an alten Filmen, sondern überhaupt die Erweiterung bestimmter Thesen, Kunstgriffe und Ideen. Man kann einen Stoff auch weiterdenken, nur leider nutzen die Filmemacher diese Gelegenheit nicht. Häufig aus finanziellen Gründen (man will eben nur Profit machen und schnell an ein Publikum kommen), häufig aus einer Denke heraus, der das Alte glorifiziert.
Ich denke schon, dass man Metropolis weiterdenken kann und mit heutigen Mitteln vieles aus dem Film herausholen kann, der ja selbst nicht ohne Schwächen ist (man denke nur an diesen geradezu unterträglichen Kitsch, der auch damals kritisiert wurde - also kann man nicht gerade sagen, er ist ein Produkt seiner Zeit, so wie bspw. die Schminke, die geradezu maskenhaft wirkt, oder die Spielart der Schauspieler).
Die Filmrollen aufzutreiben, erscheint als unmöglich, immerhin geht man davon aus, dass sie verbrannt wurden.
"Ford - ich glaube, ich bin ein Sofa!"

Hedning

Zitat von: Seemops am 13 April 2008, 20:38:58
Ich denke schon, dass man Metropolis weiterdenken kann und mit heutigen Mitteln vieles aus dem Film herausholen kann, der ja selbst nicht ohne Schwächen ist (man denke nur an diesen geradezu unterträglichen Kitsch, der auch damals kritisiert wurde

Was genau ist damit gemeint? Die Versöhnung am Ende, die Problematik als ganzes oder was findest du kitschig? Im übrigen stimme ich dir zu, dass die Drehbücher von Thea von Harbou (auch bei den Nibelungen z. B.) nicht wirklich kitschfrei sind - die Umsetzung ist das Entscheidende.

Zitatalso kann man nicht gerade sagen, er ist ein Produkt seiner Zeit, so wie bspw. die Schminke, die geradezu maskenhaft wirkt

War völlig üblich und auch nötig, um die Gesichtskonturen stärker zu betonen. Sonst hätten die Gesichter vermutlich einfach wie eine weiße Fläche ausgesehen.

Zitatoder die Spielart der Schauspieler

Eine Eigenheit des expressionistischen Films, die für uns heute nicht mehr verständlich wirkt, aber vor der Hintergrund der Entstehungszeit keineswegs eine Schwäche ist.

Man kann heute nichts "besseres" machen, man kann den Film nur an unsere Sehgewohnheiten anpassen. Ob das sinnvoll ist oder nicht, entscheidet sich für mich vor allem anhand der Frage, ob dann wieder mehr Leute das Original sehen werden...

MMeXX

Zitat von: Seemops am 13 April 2008, 20:38:58
Die Filmrollen aufzutreiben, erscheint als unmöglich, immerhin geht man davon aus, dass sie verbrannt wurden.
War ja auch nicht ganz ernst gemeint. ;)

McKenzie

Zitat von: Hedning am 13 April 2008, 20:51:55
War völlig üblich und auch nötig, um die Gesichtskonturen stärker zu betonen. Sonst hätten die Gesichter vermutlich einfach wie eine weiße Fläche ausgesehen.

Korrekt.

Zitat von: Hedning am 13 April 2008, 20:51:55
Eine Eigenheit des expressionistischen Films, die für uns heute nicht mehr verständlich wirkt, aber vor der Hintergrund der Entstehungszeit keineswegs eine Schwäche ist.

Man kann heute nichts "besseres" machen, man kann den Film nur an unsere Sehgewohnheiten anpassen. Ob das sinnvoll ist oder nicht, entscheidet sich für mich vor allem anhand der Frage, ob dann wieder mehr Leute das Original sehen werden...

Noch korrekter.

Zitat von: Hedning am 13 April 2008, 20:51:55
Im übrigen stimme ich dir zu, dass die Drehbücher von Thea von Harbou (auch bei den Nibelungen z. B.) nicht wirklich kitschfrei sind - die Umsetzung ist das Entscheidende.

Thea von Harbou war eben eine Liebhaberin der Trivial-Romantik des 19. Jahrhunderts, unter anderem schätzte sie auch Karl May (und schrieb das Drehbuch zur Verfilmung "Durch die Wüste" - die übrigens demnächst auf DVD erscheint) und ihr Drehbuch zu "Das indische Grabmal" spiegelt das ebenfalls wieder.

Auch das hat mit Sehgewohnheiten zu tun - heute belächeln wir z. B. die Karl May-Filme am Sonntag Nachmittag, damals waren das Ereignisse und die Krönung des deutschen Kinos.

Wer einen zurückhaltenderen Fritz Lang-Film sehen will, dem empfehle ich "Der müde Tod" von 1921.
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Seemops

Ich habe expizit gesagt, dass ich den Kitsch als Schwäche ansehe. Ich wollte nur ausdrücken, dass man eben nicht (!) - wie McKenzie das ja jetzt als Sehgewohnheit formuliert (die es in dieser Art gar nicht geben kann, da der Film ja nun noch in den Kinderschuhen steckte) - als ein Zeichen seiner Zeit gedeutet werden kann. Da wie gesagt damals schon der Kitsch kritisiert wurde. Und Kitsch findet man auch heute und wird von einigen belächelt und von einigen nicht. (Und ja, ich meine vor allem das Ende, die Problematik ist ja nun auch ein Produkt seiner Zeit, und auch das Ende ist in zeitgenössischen Kritiken gemeint. Mal davon abgesehen, dass ich denke, dass das Ende es sich einfach zu einfach macht. Es ist sehr simpel.)
Die Schminke und die Spielart habe ich explizit als Gegenbeispiele für etwas der damaligen Zeit Verhaftetes beschrieben. Nicht aber, dass sie eine Schwäche des Filmes sind. Sie wirken unfreiwillig komisch und gerade das ist unserer Zeit verhaftet ist.
Ich habe auch nicht gesagt, dass ich meine, der Film könnte "besser" gemacht werden, sondern lediglich, dass man ihn weiterdenken könnte. In besser und schlechter denke ich bei solchen Diskssionen grundsätzlich nicht. Dazu sind diese Begriffe zu schwammig.
"Ford - ich glaube, ich bin ein Sofa!"

MMeXX

Zitat von: Seemops am 13 April 2008, 21:23:13
Die Schminke und die Spielart habe ich explizit als Gegenbeispiele für etwas der damaligen Zeit Verhaftetes beschrieben. Nicht aber, dass sie eine Schwäche des Filmes sind. Sie wirken unfreiwillig komisch und gerade das ist unserer Zeit verhaftet ist.
Ich empfand die gesondert hervorgehobenen Gesichtspartien nicht als unfreiwillig komisch, sondern dem Zweck dienlich, sprich Mimik und Gestik - vor allem wenn ich an Hel/böse Maria denke - betonend.

Hedning

13 April 2008, 23:50:12 #14 Letzte Bearbeitung: 14 April 2008, 00:00:18 von Hedning
@Seemops:

Einerseits ist Kitsch immer dem subjektiven Empfinden unterworfen, und die vermeintliche unfreiwillige Komik (die ich für meine Person nie bei Metropolis oder überhaupt einem Stummfilm empfunden habe - eher bei einigen Gegenwartsfilmen, die einen gern unheimlich traurig oder betroffen machen wollen) ist eben eine Folge veränderter Sehgewohnheiten. Und natürlich kann man davon sprechen, der Film war 1927 alles andere als noch in den Kinderschuhen und ein zu voller Blüte entwickeltes Medium kurz vor einer entscheidenden Krise, dem Aufkommen des Tons. Ich will niemandem in sein persönliches Geschmacksempfinden reinreden, aber um sich seriös über Stumm- und frühen Tonfilm äußern zu können, ist es schon ziemlich wichtig, die gewollt künstliche, überhöhte Gestik und Mimik als Ausdrucksform zu akzeptieren, die damals schauspielerisches Ideal und nicht verunglückt, überzogen oder sonstwas war. 

Ich weiß nicht, ob ich dir mit dieser Antwort gerecht werde, weil ich ein paar deiner Formulierungen aus dem letzten Beitrag nicht ganz verstanden habe, z. B.
ZitatDie Schminke und die Spielart habe ich explizit als Gegenbeispiele für etwas der damaligen Zeit Verhaftetes beschrieben. Nicht aber, dass sie eine Schwäche des Filmes sind. Sie wirken unfreiwillig komisch und gerade das ist unserer Zeit verhaftet ist.

Der Schluss mit seiner Metapher aus Kopf, Herz und Hand ist m. E. eine modernisierte Anwendung der antiken römischen Parabel, nachdem das Patriziat (die scheinbar untätige Oberschicht) mit dem Magen und die restliche Bevölkerung mit den Gliedern verglichen wird. Man konnte den Satz "Mittler zwischen Hirn und Händen muss das Herz sein" damals natürlich konkret als Antwort auf den "Klassenkampf" deuten, die für diese Problematik natürlich zu simpel ausfiel. Ich finde ihn insofern eher naiv als "kitschig". Als Lösung der politischen Lage der Entstehungszeit war das sicher nicht anzuwenden, aber im Rahmen der Utopie funktioniert es m. E.

Seemops

14 April 2008, 11:10:25 #15 Letzte Bearbeitung: 14 April 2008, 11:13:40 von Seemops
Zitat von: MMeXX am 13 April 2008, 23:33:57
Zitat von: Seemops am 13 April 2008, 21:23:13
Die Schminke und die Spielart habe ich explizit als Gegenbeispiele für etwas der damaligen Zeit Verhaftetes beschrieben. Nicht aber, dass sie eine Schwäche des Filmes sind. Sie wirken unfreiwillig komisch und gerade das ist unserer Zeit verhaftet ist.
Ich empfand die gesondert hervorgehobenen Gesichtspartien nicht als unfreiwillig komisch, sondern dem Zweck dienlich, sprich Mimik und Gestik - vor allem wenn ich an Hel/böse Maria denke - betonend.

Ich meinte auch eher die Spielart.

@Hedning:
Ich habe mich eigentlich bemüht deutlich zu machen, dass ich die Spielart als auch die Schminke als dieser Zeit typisch empfinde, denn das ist ja auch so. Ich kritisiere das nicht. Mir kam die Spielweise bzw. einige Szenen einfach unfreiwillig komisch vor. Sie sollten nicht komisch sein, ich fand sie aber komisch. Das hat sicher eher was mit Humor zu tun. Das sieht ja jeder anders. Ist ja auch nicht als Kritik gemeint. Und nur weil ich diesen Film als unfreiwillig komisch empfinde, schließt das ja keinen Rückschluss auf heutige Filme ein.
Den Satz, den du als unverständlich markierst, bemühe ich mich noch mal deutlicher zu formulieren. Der Kitsch des Endes (oder auch die Naivität oder die Simplizität, was sicher Begriffe sind, die besser passen) wurde auch damals schon kritisiert. Es mag mir also keiner damit kommen, dass ja damals alle Filme kitschig waren - um es übertrieben zu formulieren - und das eben ein Kniff der Filme damals war. Ich wollte damit lediglich einem Gegenargument vorgreifen, das du ja auch als Sehgewohnheiten anbringst. Und dem widerspreche ich nunmal und habe das schon im Voraus getan. Die Schminke und die Spielart waren nur Beispiele für etwas, das diesen Filmen damals tatsächlich immanent war und heute lediglich seltsam wirken (auf manch einen). Es sollte, wie gesagt, nur ein Beispiel sein, ich wollte keine Diskussion der Schminke und der Spielart lostreten und ich habe beides nicht kritisiert. Um das einfach noch mal deutlich zu sagen. Mir ist dessen Grund auch vollkommen klar. Um auch das deutlich zu sagen.
Und welche Stellung der Film damals hatte, darüber mag ich jetzt nicht diskutieren, ich denke, da bin ich doch noch nicht so umfassend bewandert. Jedoch glaube ich nicht, dass man in so wenigen Jahren schon von ausführlichen, festgesetzten Sehgewohnheiten sprechen kann, ich denke, das ist einfach ein unpassender Begriff.

Ich wehre mich einfach dagegen, diesen Film so zu glorifizieren. Ich finde, da sollte man sich immer vor schützen. Nur weil alle sagen, das ist toll und super, heißt es ja nicht, dass etwas nicht ohne Schwäche ist. Meiner Erfahrung nach ist fast alles Künstlerische auch mit gewissen Schwächen verbunden, was aber eben meist eine subjektive Beurteilung voraussetzt. Kunst, Film und Literatur sind eben doch in einem gewissen Maße subjektiv. Eine Arbeit mit fremden Stoffen ist wie gesagt kein Verbrechen - das ist es, was ich eigentlich sagen wollte -, sondern ein schon ewig bestehender Prozess, der durchaus gute Früchte tragen kann, wenn man etwas erweitert oder weiterdenkt. Das muss ja nicht das Vorherige mindern, man sollte da eher in einem Nebeneinander statt in einem Stattdessen denken. Der neue Film soll den alten nicht ersetzen.
Das Problem beim Film sind aber häufiger die weniger künsterlischen Motive als viel eher die profitgedachten. Das ist es eher, was mich an Remakes stört. Da kann man ja nicht von einer künsterlischen Auseinandersetzung sprechen, die in meinen Augen grundsätzlich zu begrüßen ist. (Immerhin hat ja auch Thomas Mann nicht gedacht, er ist jetzt besser als Goethe oder kann ihn ersetzen, als er den Doktor Faustus machte - das ist eben eine künstlerische Auseinandersetzung - während ein The Ring-Remake lediglich eine finanzielle Ausbeutung ist, die man dem amerikanischen Markt zugänglich machen will).
"Ford - ich glaube, ich bin ein Sofa!"

Hedning

Ich glaube, es wollte auch keiner Metropolis als ein Heiligtum hinstellen, an dem keine Kritik erlaubt ist. Vielleicht können wir uns aber darauf einigen, dass damals wie heute die Empfindung, etwas sei Kitsch, eine gänzlich subjektive Angelegenheit war. Kitsch heißt ja letztlich, dass etwas bei mir als Zuschauer intensiv, aber erfolglos versucht, Emotionen hervorzurufen. Aber bei anderen mag dieser Erfolg gegeben sein, die werden es dann nicht als Kitsch empfinden. Also auch wenn zur Entstehungszeit das Ende von manchen als Kitsch betrachtet wurde, muss diese Bewertung heute nicht verbindlich sein. Die in diesem Schluss zweifellos vorhandene Naivität würde ich von Kitsch vor allem insofern deutlich abgrenzen, als sie in bestimmten Literaturformen (Märchen z. B.) ihren berechtigten Platz hat, während Kitsch eigentlich immer negativ konnotiert ist. Andere könnten das jetzt sicher kulturtheoretisch ausgereifter formulieren, vielleicht habe ich mich trotzdem verständlich machen können.

Seemops

Nun, ich meinte auch nicht, dass diese Ansicht von allen so gesehen werden muss. Fast bereue ich es ein wenig, den Begriff Kitsch überhaupt eingebracht zu haben. Denn - es ist ein wirklich komplizierter Begriff, den viele auf irgendeine Weise verwenden. Ich bin der Meinung, dass Kitsch nicht wirklich viel subjektiver ist, als andere Kategorien und Werturteile auch. Ganz im Gegenteil sogar.
Über die kulturelle Geschichte des Kitsches gibt es sicher viel interessantes zu sagen, mehr jedenfalls als lediglich die Feststellung, er sei immer negativ konnotiert - was auch nicht stimmt, man denke nur an die Postmoderne, die Kitsch häufig zu Kult macht. Ich bin außerdem der Meinung, dass Kitsch nicht an Erfolg gebunden ist, er also nicht davon abhängt, ob er funktioniert oder nicht. Eine Plastikblume ist trotzdem Kitsch, auch wenn sie jemanden gefällt.
Es ist wirklich schwieriger Begriff, der auch mit dem Begriff der Kunst verbunden ist.
Es geht mir nicht um Verbindlichkeit. Es geht mir darum, dass der Kitsch des Films einfach eine Schwäche des Films ist, den ich persönlich nicht positiv bewerten kann. Das mag sicher subjektiv sein und nichts anderes habe ich behauptet. Wie ich bereits im ersten Post meinte, ist jede Kunst auch mit Schwächen verbunden, und dieses Urteil ist immer subjektiv. Der Kitsch ist aber definitiv da, da gibt es nichts dran zu deuteln. Manche mögen das nicht als negativ empfinden, das können sie gerne tun, aber bitte nicht mit der Begründung, dass es eine Eigenart des damaligen Filmes (ich wollte diesem Argument wie gesagt vorarbeiten) sei.
Es geht mir auch nicht darum, dass der neue Film unbedingt den Kitsch ausmerzen soll (falls es denn einen geben wird), sondern lediglich, dass mit einem neuen Film Schwächen behoben werden könnten (und gleichzeitig werden aber andere Schwächen eingebaut, da bin ich sicher) bzw. der Film einfach, allgemein gesagt, erweitert werden kann. Ein Remake sollte man als künstlerische Chance betrachten (also auch die Filmregisseure sollten das tun) und ich habe immer die Hoffnung, dass ich es auch als Chance betrachten kann, etwas neues zu sehen und damit vielleicht auch etwas über den alten Film zu verstehen. Ich wollte nur grundsätzlich sagen, dass ja Originale nicht ohne Schwächen sind und somit der neue Film vielleicht die Chance nutzt, es anders zu machen und damit eben auch zum Nachdenken anzustoßen.

PS: Nur weil Naivität anderswo funktioniert und ihren Platz hat, vielleicht sogar notwendig ist (soweit man es als Notwendigkeit betrachten kann, nur weil es alle machen), heißt das nicht, dass man dies einfach auf etwas anders übetragen kann und sagen kann, da ist es dann auch in Ordnung. Naivität und Simplizität sind nicht in Metropolis zu entschuldigen, weil Märchen auch so arbeiten. (Metropolis ist nun alles andere als ein Märchen.) Ich will dich nicht absichtlich falsch verstehen, ich bin mir sicher, ich habe verstanden, was du meintest. Allerdings sind solche Kategorien nicht einfach auf andere übertragbar und damit zu rechtfertigen.

PPS: Es gibt leider genügend Menschen, die etwas Altes, etwas Kultiges, zumindest das Frühere und schon Dagewesene als unzweifelbar und besser, toller, schneller und nicht wieder erreichbar hinstellen. Das ist lediglich eine Feststellung von mir, die ich schon öfter beobachtet habe. Manche Leute meinen, nur weil etwas toll ist oder sie es toll finden, ist es auch kritiklos. Und genau so funktioniert auch die prinzipielle Ablehnung von Remakes, wenn man mal genau hinschaut.
"Ford - ich glaube, ich bin ein Sofa!"

Hedning

Auch wenn ich generell, wie ich unumwunden zugebe, eher zum Kulturpessimismus neige, würde ich nie behaupten, dass altes Zeug immer besser, Remakes generell eine Verschlechterung usw. sind. In diesem Fall erwarte ich mir nicht viel Gutes, aber ich lasse mich gerne überraschen. Des weiteren hoffe ich aber trotzdem, dass sich wieder mehr Leute für das Original bzw. den deutschen Stummfilm allgemein interessieren werden.

Ich wäre jetzt aber doch mal an einer Definition von Kitsch deinerseits interessiert, um zu vermeiden, dass man total aneinander vorbeiredet. Zumindest in meinen Augen stellt es ein ästhetisches Werturteil dar, wenn ich etwas als Kitsch bezeichne, und ästhetische Werturteile haben generell keinen Anspruch darauf, als objektiv zu gelten.

Seemops

Kitsch ist eine ästhetische Kategorie, die eigentlich erst zu einem Werturteil führen soll. Kitsch selbst hat durchaus eine Definition (auch wenn der Begriff isngesamt brisant ist) und ermöglicht als Kategorie eine gewisse Objektivität, mit der man überhaupt erst den Zugang zu einem Werk schaffen will. Bei Interpretation, Kultur und Analyse ist immer viel Subjektives dabei, weil man bestimmte Dinge immer anders auslegen und die Argumentation anders gewichten kann. In solchen Diskussionen kann man nie von Objektivität reden. Allerdings gibt es einen Konsens darüber, was Kitsch ist und dieser Begriff ist nicht zum allgemeinen Abschuss freigegeben. Es kann sich nicht jeder zurecht legen, was Kitsch ist. Und Kitsch hat gerade die Funktion, zu täuschen, und wird von Lesern (oder Zuschauern) meist gar nicht erkannt. Das ist ja gerade der Dreh dabei. Deswegen kannst du eben nicht davon ausgehen, dass der Leser oder Zuschauer etwas als Kitsch empfindet oder nicht. Das ändert nichts daran, dass etwas kitschig ist.
Analysen von Kunst, Film und Literatur arbeiten mit Kategorien, gerade um vom total Subjektiven wegzukommen und den Zugang generell zu ermöglichen. Man hat sozusagen einen Konsens, auf dem aufbaut. Eine gute Analyse und eine darauf aufbauende Interpretation ist zwar subjektiv, weil sie nunmal ein Subjekt verfasst (was ist schon wirklich objektiv?), ist aber kein einfaches Geschmacksurteil, wo jeder sagt, was er denkt (was eben in diesem Forum getan wird und man daher kaum auf eine Übereinstimmung kommen kann, da jeder sagt, was er denkt und wie er was mag - da gibt's keine Grundlage, die aber mit Begriffen wie Kitsch in der Literaturwissenschaft bpsw. geschaffen werden soll).

Nun ja, ich belege auch in diesem Semester ein Seminar zu Metropolis, wo auch gefragt wird, ob der Inhalt tatsächlich als seicht bezeichnet werden kann. Mal sehen, was dabei herauskommt. Ich lasse mich ja gerne eines besseren belehren.

Meine Definition von Kitsch "stammt" sozusagen aus einem literatur- und kulturtheoretischen Wörterbuch. Aber auch der Wikipedia-Artikel (http://de.wikipedia.org/wiki/Kitsch) ist auch wirklich gut und gibt viele Beispiele, da ja das Phänomen des Kitsch weit um sich greift. Gerade, weil es so viele Leute anspricht.
"Ford - ich glaube, ich bin ein Sofa!"

Hedning

15 April 2008, 21:50:25 #20 Letzte Bearbeitung: 16 April 2008, 01:34:16 von Hedning
Ich weiß jetzt immer noch nicht, was für dich Kitsch bedeutet - erstens allgemein und zweitens in Bezug auf Metropolis.

Der Wikipedia-Artikel betont doch (zu Recht) gerade das subjektive Moment des Begriffs in der Einleitung und bringt später "philosophische" Anwendungen des Begriffs sowie einen Haufen Beispiele für Dinge, Filme, Bilder, Bücher, Serien, die kitschig sein sollen. Das bringt im Sinne einer wissenschaftlichen Anwendung gar nichts. Alles wichtige steht in den ersten vier Zeilen:

ZitatKitsch steht zumeist abwertend gemeinsprachlich für einen aus Sicht des Betrachters emotional minderwertigen, sehnsuchtartigen Gefühlsausdruck. In Gegensatz gebracht zu einer künstlerischen Bemühung um das Wahre oder das Schöne werten Kritiker einen zu einfachen Weg, Gefühle auszudrücken, als sentimental, trivial oder kitschig.

Was der Artikel nicht zum Ausdruck bringt, ist, dass jeder die künstlerische Umsetzung eines Gefühls, das er nicht teilt oder nicht nachvollziehen kann, als kitschig, sentimental usw. empfinden wird. Darin liegt die Subjektivität des Begriffs.

Ein Wegkommen vom total Subjektiven durch Kategorisierung (zumindest, wenn es um Wertungen geht) ist m. E. in der Ästhetik, auch in der Geisteswissenschaft eine gefährliche Illusion. Ich hatte diese Diskussion schon öfters, auch in Bezug auf Musik usw. Da soll dann ein Kanon des Hoch- und Minderwertigen (=Kitsch) aufgestellt werden, des Echten und Unechten, das lehne ich ab. Was dabei herauskommt, ist meist ideologisch motiviert.

Seemops

Das, was du im letzten Absatz schreibst, zeigt mir, dass du das missverstanden hast. Jedenfalls, wenn es um den Kanon geht. Aber vielleicht kannst du das mit der "gefährlichen Illusion" noch mal erläutern, denn ich verstehe nicht, was du damit meinst. Aber damit das klar ist: Ich rede lediglich vom Versuch des Objektiven, nicht von der tatsächlich Objektivität.

Nach wie vor sehe ich es nicht so, dass es vom Betrachter abhängt, der etwas kitschig oder nicht kitschig findet, ob etwas wirklich kitschig ist. Sicher kann man sich immer über die Definition streiten bzw. deren Auslegung und was wirklich Kitsch ist und was nicht - und nicht, ob jemand das kitschig findet oder nicht. Ich meine, was bringt so ein Begriff, wenn jeder sagen kann, ob etwas Kitsch ist oder nicht, nur weil er es gut findet?

Die Definition werde ich nachholen, ich hab jetzt leider nicht so viel Zeit, daher nur dies in Kürze.
"Ford - ich glaube, ich bin ein Sofa!"

Hedning

Das mit dem Kanon hatte jetzt auch nicht direkt was mit dir zu tun, nur habe ich in anderen Fällen erlebt, dass darauf Versuche des Objektivierens von Ästhetik hinausliefen.

Kerry

Sehe in diesem Fall das Remake eigentlich gar nicht so schlimm.
Voraussetzung: Es dienen nicht hirnlose Teenager als Zielpublikum sondern es wird versucht, die Geschichte auf eine zeitgemäße Art und Weise neu zu erzählen. Dieser Stoff bietet genügend Potential für einen sehr gelungenen Film.
Bleibt nur zu hoffen, dass die Produzenten dies erkennen und sich eben auf die Geschichte und nicht Effekte / Action usw. konzentrieren. Auf eine hirnlose CGI Effektorgienversion von Metropolis kann ich hingegen verzichten.

Seemops

Kitsch ist in meinen Augen etwas, das versucht etwas zu sein, das es aber nicht ist. In Metropolis scheint es mir schon so, dass man sich dem Schein hohen Anspruchs gibt, dabei ist die Story mehr als simpel. Vielleicht irre ich mich auch, wie gesagt, ich werde mich in nächster Zeit noch mit Buch, Drehbuch und Film beschäftigen und dann werde ich sehen, ob mein Eindruck stimmt oder nicht. Kritische Stimmen von damals (und wohl auch heute) unterstützen meinen Eindruck.
"Ford - ich glaube, ich bin ein Sofa!"

Hedning

18 April 2008, 17:31:18 #25 Letzte Bearbeitung: 19 April 2008, 01:25:43 von Hedning
Ist es wirklich so, dass der Film versucht, sich mit einem Schein hohen Anspruchs zu umgeben? Oder erwartet man aufgrund des Ruhms, der dem Film anhaftet, eine komplexe Handlung, die der Film überhaupt nicht bieten will? Im übrigen versteht unter "Anspruch" auch wieder jeder was anderes... ja, die böse Subjektivität  ;)

Was die simple Story angeht, möchte ich dir nicht widersprechen, aber ein Film ist ja weitaus mehr als das Drehbuch. Interessanter ist in diesem Fall die Art, wie es in aussagekräftige Bilder übersetzt wurde, die oft weitaus mehr zu erzählen haben, als im Drehbuch steht.

P. S. Alles Gute zum Geburtstag!

Seemops

Nun - angesichts der Tatsache, dass das Urteil Kitsch den Film schon nach Premiere traf, ist es irgendwie nicht sinnvoll so zu argumentieren, dass man hohen Anspruch aufgrund des Ruhms erwartet.
Das, was den Film toll macht, sind ja die Bilder und die belegen seinen Ruhm. Nur diese simple Story, die doch komplexe Probleme aufgreift, und sie mit einer naiven Einfachheit löst, sind für mich Zeichen, dass man hier versuchte, inhaltlich auch eine Anspruch zu erheben.

PS: Danke ! :D
"Ford - ich glaube, ich bin ein Sofa!"

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