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Autoren-Thread: Happy Harry mit dem Harten

Begonnen von Happy Harry mit dem Harten, 11 Januar 2007, 22:06:49

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Happy Harry mit dem Harten


Happy Harry mit dem Harten

Vor kurzem erstmals im Fernsehen gesehen:

http://www.ofdb.de/review/13595,281555,Die-Braut-trug-schwarz

Nicht Truffauts bester Film, aber wie immer interessant und auf hohem Niveau inszeniert.




Happy Harry mit dem Harten


Fastmachine

Alexander Newski - ein Review, das ich gerne selbst geschrieben hätte. Zu einem Monument von Film, dem trotz seiner Entstehungsumstände, der offensichtlichen Einbindung in die stalinistische Propaganda, auch nach 70 Jahren nicht die künstlerische Größe abgesprochen werden kann.

Dein Review umschreibt ausführlich die wesentlichen Aspekt des Films, seine Vorgeschichte, seine Hintergründe und seine Qualitäten. Natürlich könnte man zu jedem Eisenstein noch unendlich viel mehr schreiben, aber du hast eine gute Balance zwischen angemessener Tiefe und überschaubarer Länge gewahrt. Wenig hätte ich hinzuzufügen, es sei denn, dass mir in einzelnen Absätzen der Tonfall etwas zu lexikalisch informationsvermittelnd rüberkommt. Ich hätte mir hier und da noch einige persönliche Bemerkungen gewünscht. Aber ich verstehe, es ist wirklich schwer, zu Eisenstein noch irgendetwas zu schreiben, was nicht schon längst geschrieben wurde und sich gegen die drückende Last filmgeschichtlicher Bedeutung die Freiheit des eigenen Urteils zu bewahren. 

Also: sehr schönes Review.  :respekt:



Ich mag keine Filme; die verblöden nur. (Alfons d. Ä.)

Happy Harry mit dem Harten

18 Februar 2008, 04:59:30 #334 Letzte Bearbeitung: 18 Februar 2008, 05:04:08 von COPFKILLER
Zitat von: Fastmachine am 18 Februar 2008, 00:25:01
Alexander Newski - ein Review, das ich gerne selbst geschrieben hätte.

Ein Review, das auch ich gerne lesen würde wenn es aus deiner Feder stammt. Deine Iwan-Kritiken sind hervorragend, btw.

Zitat von: Fastmachine am 18 Februar 2008, 00:25:01
Zu einem Monument von Film, dem trotz seiner Entstehungsumstände, der offensichtlichen Einbindung in die stalinistische Propaganda, auch nach 70 Jahren nicht die künstlerische Größe abgesprochen werden kann.

Ja, passt sowieso bestens in meine Propagandafilm-Reihe. Mich stört die politische Haltung des Films eigentlich gar nicht, vor allem aus heutiger, abgeklärterer Sicht. Hab dann noch ganz bewusst einen kleinen Vergleich mit Leni Riefenstahl gezogen, :icon_smile: deren Werke ich ja sehr verehre.

Zitat von: Fastmachine am 18 Februar 2008, 00:25:01
Dein Review umschreibt ausführlich die wesentlichen Aspekt des Films, seine Vorgeschichte, seine Hintergründe und seine Qualitäten. Natürlich könnte man zu jedem Eisenstein noch unendlich viel mehr schreiben, aber du hast eine gute Balance zwischen angemessener Tiefe und überschaubarer Länge gewahrt. Wenig hätte ich hinzuzufügen, es sei denn, dass mir in einzelnen Absätzen der Tonfall etwas zu lexikalisch informationsvermittelnd rüberkommt.

Danke für die lobenden Worte. Richtig, ich wollte einen Mittelweg finden, was bei Eisenstein nicht allzu einfach ist. Ganz ohne auf den Hintergrund einzugehen geht es ja nicht und für eine noch ausführlichere Betrachtung seines Werkes (bsp. der Aspekt der Musik) fehlt es mir an Wissen. Überhaupt fällt es mir schwer, mich in einer Kritik einem solchen Meisterwerk zu nähern, was ich aber in Zukunft häufiger vorhabe. Auch wenn die Reviews zu solchen Hochkarätern vielleicht nicht ganz so differenziert ausfallen, wie sie es sollten - eine Herausforderung für den Review-Autoren sind solche Werke schon. Und um weiter zu kommen muss ich mich diesen Herausforderungen wohl auch mal stellen. Deshalb also auch ein bisher eher trockener, unpersönlicher Stil, den ich hoffentlich in Zukunft bei weiteren Klassikerbesprechungen verbessern kann. Dein Feedback hilft da aber schon bei der Motivation, hatte schon Angst von einem Spezi in Sachen Eisenstein zurechtgestutzt zu werden. ;)



Außerdem möchte ich kurz auf meine neueste Kritik hinweisen, nach dem leichten LAST ACTION HERO kam mal wieder was trockeneres Brot auf den Tisch. ICH BIN NEUGIERIG erschien schon vor längerer Zeit in der Kino Kontrovers Reihe und daher hat es micht überrascht, weder Kritik noch Inhaltsangaben zu den Filmen zu finden. Nach Konsum des ersten Teils kann ich das Ganze eher nachvollziehen denn der Film macht es dem Zuschauer wirklich nicht leicht. Dennoch eine lohnenswerte, wenn auch arg anstrengende Erfahrung. Alleine die tolle DVD-Ausstattung rechtfertigt aber schon eine Anschaffung für jeden Fan ungewöhnlicher Filmkost.

http://www.ofdb.de/review/14949,282022,Ich-bin-neugierig---gelb



Vince

... und die "Last Action Hero" ist dann die Kritik, die ich gerne geschrieben hätte. Hatte ich mal vor, kann ich mir aber wohl jetzt sparen, weil eigentlich alles Wesentliche gesagt ist, was ich zu sagen gewusst hätte. Schönes Ding!

Happy Harry mit dem Harten

Zitat von: Vince am 18 Februar 2008, 15:37:32
... und die "Last Action Hero" ist dann die Kritik, die ich gerne geschrieben hätte. Hatte ich mal vor, kann ich mir aber wohl jetzt sparen, weil eigentlich alles Wesentliche gesagt ist, was ich zu sagen gewusst hätte. Schönes Ding!

Sehr schön das dir die Kritik gefallen hat. Als ich den Film vor kurzem nochmals sah, fielen mir gleich einige Aspekte auf, die in den bisherigen OFDb-Reviews ziemlich kurz gekommen sind. Arnie bleibt mein Favorit unter den heroischen Action-Stars vergangener Tage.

Happy Harry mit dem Harten

Ein angeblich ambitionierter Thriller um die wohl dunkelsten vorstellbaren Themenkreise Menschenhandel und Pädophilie aus den Produzentenhänden einen Roland Emmerich? Ganz so schlimm wie es klingt, ist es dann doch nicht geworden, doch wenn man vom Film eine ernsthafte Auseinandersetzung mit seinem Inhalt erwartet, dann wird man bitter enttäuscht. Perverserweise hat mich aber in letzter Zeit kaum ein Film durchweg so unterhalten. Ob man das in einem solchen Fall aber als Qualitätsmerkmal betrachten sollte sei mal dahin gestellt.

http://www.ofdb.de/review/107629,282119,Trade---Willkommen-in-Amerika

Bretzelburger

Ich möchte mich hier einmal deiner "there will be blood"-Review widmen, zu der ich einige Anmerkungen öäusern möchte.

Zuerst einmal etwas grundsätzliches - ich empfehle dir, deine Reviews Korrektur zu lesen, da du eine Menge Kommata einfach weglässt und auch den einen oder anderen Grammatikfehler nicht entfernt hast. Das immer mal etwas durchrutscht ist normal, aber bei dieser Kritik ist noch einiges auszubessern. Nenn mich eigen, aber mich stört das im Lesefluss.

So deutlich deine (gerechtfertigte) Begeisterung für den Film ist, so sehr bleibt deine Argumentation an der Oberfläche. Das liegt auch daran, dass ich die Unsitte in Kritiken nicht mag, Werke in ein Jahr/Jahrzehnt/Jahrhundert einzuordnen und Spekulationen über die Rolle als Meisterwerk abzulassen.

ZitatMit ,,There Will Be Blood" gelang ihm sein erstes Meisterwerk, das dieses Prädikat mit beinahe hundertprozentiger Sicherheit erlangen wird. Dieser Film wird nicht in Vergessenheit geraten.
ZitatUm Andersons neuem Werk gerecht zu werden muss man zwangsläufig Vergleiche ziehen mit großen Ästheten wie Sergio Leone und Stanley Kubrick, in dessen Liga sich der amerikanische Autorenfilmer langsam aber sicher hochgearbeitet hat.
Zitat,,There Will Be Blood" wohl eines der ersten unumstrittenen Meisterwerke des neuen Jahrtausends.

Es stellt sich natürlich immer die Frage, für wen man seine Reviews schreibt, aber ich stehe auf dem Standpunkt, dass man seine persönliche Begeisterung auch ohne zeitgeschichtliche Einordnung vermitteln kann - überlassen wir den Wert eines Films doch der Zukunft. Wahre Qualität setzt sich durch (wie du es durchaus treffend in deinem Hollywood-Statement zu Mckenzie klar machst, angesichts des massenweisen Schrotts aus Hollywoods Frühzeit, den heute keiner mehr kennt).

Leider bleibst du auch weiter bei dieser Form der Argumentation, wenn du z.B. die Filmmusik lobst.

ZitatBesondere Aufmerksamkeit verdient aber der eigentümlich-geniale Score von Peter Greenwood, dessen erste Filmmusik zu einem Spielfilm gleich ein ganz großer Wurf gelungen ist.
ZitatErinnerungen an die stärksten Momente von Bernard Herrmann werden wach doch die Töne von Greenwood finden ihren ganz eigenen Weg sich langhaltig im Gehör des Zuschauers fest zu setzen. Die anspruchsvoll arrangierte Musik verzichtet auf jeden Pathos, leistet entscheidenden Anteil an der beklemmend dichten Atmosphäre, bietet ein akustisches Äquivalent zum Abstieg in die bitterkalte, unberechenbare Welt des Daniel Plainview.

Mir ist das zu ungenau. Mit keinem Wort gehst du auf die sirenenähnlichen Klänge ein, die schon in der ersten Szene des Films quasi die Warnlampen einschalten. Die besondere Qualität liegt nicht im fehlenden Pathos, sondern in der extremen Eigenständigkeit, die sich nicht darin erschöpft, Szenen stimmungsmässig zu begleiten.

Auch bei Day-Lewis' Schauspielerleistung bedarf es bei dir immer eines Vergleiches zur Versinnbildlichung deiner Meinung

ZitatOhne Frage eine schauspielerische Meisterleistung von selten gesehener Wucht
ZitatDay-Lewis verdient für diese beispiellos charismatische Darstellung fast zweifellos den zweiten Oscar seiner Karriere nach ,,Mein linker Fuß".
ZitatÄhnlich impulsiv und kraftvoll verkörperte Day-Lewis schon den Gangsterboss in Scorseses Epos ,,Gangs of New York", diese eigene Leistung überbietet er in ,,There Will Be Blood" leichtfertig und ohne sich der bekannten Muster dieser Rolle hinzugeben.

Man merkt deinen Worten eine Menge Fachwissen und Kenntnisse an, aber mir bleibst du in deiner eigenen Meinung zu unkonkret, auch wenn sich das vielleicht ein wenig merkwürdig anhört, wo du doch hier so klar begeistert bist. Du gehst mir zu wenig auf den Film selbst ein und schreibst weniger eine Kritik als einen Schrei der Begeisterung. Im Zusammenhang gehst du nur ganz kurz auf den entscheidenden Konflikt Kirche-Kapital ein und bietest interpretatorisch kaum Ansätze. Das ist tatsächlich auch nicht leicht, aber lies dir mal Mr.VV's Review durch, die ich vorbildlich finde. Ich bin mir übrigens sicher, dass du vielen mit deinem Text aus dem Herzen sprichst und auch deine Begeisterung geeignet vermittelst, so dass du meine Kritik nur als Kritik an einer Film-Review ansehen solltest.




Happy Harry mit dem Harten

Zitat von: Bretzelburger am 24 Februar 2008, 02:17:28
Ich möchte mich hier einmal deiner "there will be blood"-Review widmen, zu der ich einige Anmerkungen öäusern möchte.

Erst einmal danke für die ausführliche, konstruktive Kritik. :respekt:

Zitat von: Bretzelburger am 24 Februar 2008, 02:17:28
Zuerst einmal etwas grundsätzliches - ich empfehle dir, deine Reviews Korrektur zu lesen, da du eine Menge Kommata einfach weglässt und auch den einen oder anderen Grammatikfehler nicht entfernt hast. Das immer mal etwas durchrutscht ist normal, aber bei dieser Kritik ist noch einiges auszubessern. Nenn mich eigen, aber mich stört das im Lesefluss.

Du hast völlig recht, wurde letztens auch schon von filmimperator angesprochen. :icon_redface: Irgendwie behagt es mir nicht so recht meine eigenen Reviews nochmals durchzulesen weil ich nie so recht zufrieden bin. Dennoch versuche ich mich in Zukunft regeläßig zum Korrekturlesen durchzuringen denn allgemein machern Zeichensetzungs-, Rechtschreib- und Grammatikfehler einen schlechten, unsauberen Eindruck. Bei anderen Texten stört mich dieser Aspekt auch, daher kann ich diesen Punkt bestens nachvollziehen. :icon_mrgreen:

Zitat von: Bretzelburger am 24 Februar 2008, 02:17:28
So deutlich deine (gerechtfertigte) Begeisterung für den Film ist, so sehr bleibt deine Argumentation an der Oberfläche. Das liegt auch daran, dass ich die Unsitte in Kritiken nicht mag, Werke in ein Jahr/Jahrzehnt/Jahrhundert einzuordnen und Spekulationen über die Rolle als Meisterwerk abzulassen.

Das meine Argumentation an der Oberfläche bleibt will ich nicht bestreiten. Da die Kritik aber früh kam wollte ich wenig spoilern und habe deswegen nur wenig zum Inhalt gesagt. Die Werkeinordnung schien mir aber angemessen, da längst eins klar ist - Andersons Filme gehören zu den cineastischen Höhepunkten unserer Zeit. Und mit THERE WILL BE BLOOD liefert er einen Film, der jetzt schon als Klassiker gehandelt wird. Natürlich kann man sich da irren und auch im Film-Dienst steht eine interessante Bemerkung hierzu:

"Es braucht vielleicht noch Zeit, um zu erfassen, ob ihm dies geglückt ist (sich mit CITIZEN KANE zu messen) oder ob man doch bloß einem ästehtischen Trick aufsitzt; denn es ist schon augenfällig, wie hier jedes Bild auf Größe schielt und die Botschaft des Epischen, Schicksalhaften verbreitet."

Ich denke aber das man hier keinem Trick auf den Leim geht sondern wirklich ein Meisterwerk wahrer Größe zu sehen bekommt. Daher direkt meine Höchstwertung, womit ich weder einen besonderen persönlichen Zugang andeuten will, noch, das ich das Werk irgendwie vollständig begriffen habe. ;)

Zitat von: Bretzelburger am 24 Februar 2008, 02:17:28
Es stellt sich natürlich immer die Frage, für wen man seine Reviews schreibt, aber ich stehe auf dem Standpunkt, dass man seine persönliche Begeisterung auch ohne zeitgeschichtliche Einordnung vermitteln kann - überlassen wir den Wert eines Films doch der Zukunft. Wahre Qualität setzt sich durch (wie du es durchaus treffend in deinem Hollywood-Statement zu Mckenzie klar machst, angesichts des massenweisen Schrotts aus Hollywoods Frühzeit, den heute keiner mehr kennt).

Natürlich wird erst die Zukunft zeigen, ob sich THERE WILL BE BLOOD wirklich als einer der wichtigsten Filme unserer Zeit heraus stellen wird. Doch in der Versenkung verschwinden wird der Film nicht und ich glaube kaum, das man bald von Überschätzung reden wird. Daher die vielleicht etwas zu übertriebene Endgültigkeit meiner Wortwahl. Einen wirklich persönlichen Zugang werde ich aber auch erst beim wiederholten Schauen entwickeln.

Zitat von: Bretzelburger am 24 Februar 2008, 02:17:28
Leider bleibst du auch weiter bei dieser Form der Argumentation, wenn du z.B. die Filmmusik lobst.

ZitatBesondere Aufmerksamkeit verdient aber der eigentümlich-geniale Score von Peter Greenwood, dessen erste Filmmusik zu einem Spielfilm gleich ein ganz großer Wurf gelungen ist.
ZitatErinnerungen an die stärksten Momente von Bernard Herrmann werden wach doch die Töne von Greenwood finden ihren ganz eigenen Weg sich langhaltig im Gehör des Zuschauers fest zu setzen. Die anspruchsvoll arrangierte Musik verzichtet auf jeden Pathos, leistet entscheidenden Anteil an der beklemmend dichten Atmosphäre, bietet ein akustisches Äquivalent zum Abstieg in die bitterkalte, unberechenbare Welt des Daniel Plainview.

Mir ist das zu ungenau. Mit keinem Wort gehst du auf die sirenenähnlichen Klänge ein, die schon in der ersten Szene des Films quasi die Warnlampen einschalten. Die besondere Qualität liegt nicht im fehlenden Pathos, sondern in der extremen Eigenständigkeit, die sich nicht darin erschöpft, Szenen stimmungsmässig zu begleiten.

Hier offenbart sich mein mangelndes Fachwissen zur Musik. Eine brauchbare Analyse der Filmmusik (die mehr als sinnvoll wäre) könnte ich einfach nicht leisten und habe es daher bei oberflächlicher Erwähnung eines Laien belassen. In Zukunft versuche ich etwas eingehender auf Filmmusik einzugehen, besonders in so herausragenden Fällen wie eben hier.

Fehlender Pathos ist imo eine Stärke des Scores, wenn auch sicherlich nicht DIE Stärke.

Zitat von: Bretzelburger am 24 Februar 2008, 02:17:28
Auch bei Day-Lewis' Schauspielerleistung bedarf es bei dir immer eines Vergleiches zur Versinnbildlichung deiner Meinung

ZitatOhne Frage eine schauspielerische Meisterleistung von selten gesehener Wucht
ZitatDay-Lewis verdient für diese beispiellos charismatische Darstellung fast zweifellos den zweiten Oscar seiner Karriere nach ,,Mein linker Fuß".
ZitatÄhnlich impulsiv und kraftvoll verkörperte Day-Lewis schon den Gangsterboss in Scorseses Epos ,,Gangs of New York", diese eigene Leistung überbietet er in ,,There Will Be Blood" leichtfertig und ohne sich der bekannten Muster dieser Rolle hinzugeben.

Man merkt deinen Worten eine Menge Fachwissen und Kenntnisse an, aber mir bleibst du in deiner eigenen Meinung zu unkonkret, auch wenn sich das vielleicht ein wenig merkwürdig anhört, wo du doch hier so klar begeistert bist. Du gehst mir zu wenig auf den Film selbst ein und schreibst weniger eine Kritik als einen Schrei der Begeisterung. Im Zusammenhang gehst du nur ganz kurz auf den entscheidenden Konflikt Kirche-Kapital ein und bietest interpretatorisch kaum Ansätze. Das ist tatsächlich auch nicht leicht, aber lies dir mal Mr.VV's Review durch, die ich vorbildlich finde. Ich bin mir übrigens sicher, dass du vielen mit deinem Text aus dem Herzen sprichst und auch deine Begeisterung geeignet vermittelst, so dass du meine Kritik nur als Kritik an einer Film-Review ansehen solltest.

Wie ich schon im Thread von Mr. VV erwähnt habe: Seine Beschreibung des Films und der Leistung seiner Hauptdarsteller gefällt mir überaus gut. Mein Text kann da nicht mithalten, das weiß ich wohl. Interpretatorisch wollte ich mich nach dem ersten Durchgang einfach nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und daher bleibt mein Text bei offensichtlichen Aspekten. Tatsächlich soll meine Review mehr ein "Schrei der Begeisterung" als eine "Kritik" sein, was vielleicht etwas enttäuschend ist - ein paar Worte musste ich aber einfach zum Film verfassen und so bin ich in dieses Loblied verfallen. Schon beim Schreiben war mir klar, das ich diesem Meisterwerk nicht gerecht werden kann, dafür sind meine Fähigkeiten als Autor (noch) zu limitiert. Deshalb greife ich dann, wenn auch etwas unbeholfen, zu Vergleichen mit Kubrick und Leone. Trotz der Naivität dieser Argumentation stehe ich fest dahinter und sehe Anderson spätestens jetzt als eine Art Nachfolger Kubricks an. :love:  :D

Mr. Vincent Vega

Wer will schon Kubrick, wenn man Anderson haben kann. :icon_mrgreen:

(richtig nachvollziehen kann ich den Vergleich btw. wirklich nicht)

PS: Das Lob macht mich ganz :icon_redface:.

Happy Harry mit dem Harten

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 24 Februar 2008, 21:23:14
Wer will schon Kubrick, wenn man Anderson haben kann. :icon_mrgreen:

Naja, das kann ich ja überhaupt nicht unterschreiben. :king: Kubrick ist für mich immer noch der Maßstab im 'großen' Kino und da ist wohl erstmal nichts dran zu rütteln. Für mich drängt sich der Vergleich mit ihm geradezu auf. THERE WILL BE BLOOD ist ein Film, den auch Kubrick hätte realisieren können und seine Ästhetik hätte wahrscheinlich die gleiche Ausrichtung gehabt. Anderson steht für mich in der Tradition von Kubrick, ohne ihn aber je zu plagiieren - deswegen meine Bezeichnung als 'Nachfolger'.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 24 Februar 2008, 21:23:14
PS: Das Lob macht mich ganz :icon_redface:.

Das hast du dir redlich verdient.  :respekt:

McKenzie

Zitat von: COPFKILLER am 24 Februar 2008, 22:31:11
Naja, das kann ich ja überhaupt nicht unterschreiben. :king: Kubrick ist für mich immer noch der Maßstab im 'großen' Kino und da ist wohl erstmal nichts dran zu rütteln. Für mich drängt sich der Vergleich mit ihm geradezu auf. THERE WILL BE BLOOD ist ein Film, den auch Kubrick hätte realisieren können und seine Ästhetik hätte wahrscheinlich die gleiche Ausrichtung gehabt. Anderson steht für mich in der Tradition von Kubrick, ohne ihn aber je zu plagiieren - deswegen meine Bezeichnung als 'Nachfolger'

D'Accord.  :icon_twisted:

Wie beginnt denn der Film? Man hört dissonante Streicher (das Bild ist noch schwarz) und sieht die kargen Berge der Wüste (Aufblende) in einer statischen Einstellung. Wer sich da nicht sogleich an den ersten "Auftritt" des Monolithen in "2001" mit der Giörgy Ligeti-Musik erinnert fühlt, kann nur cineastische Repression betreiben. Und das ist nur der Anfang des Films.  :icon_mrgreen:

Der Film weckt dauernd Kubrick-Assoziationen, hat aber mit ihm eigentlich nicht viel gemein. Im Gegensatz zu Kubrick, der sich (keinesfalls zu unrecht, aber manchmal etwas zu sehr) sehr ernst und wichtig nimmt, ist Anderson ein intimerer, bescheidenerer und demütigerer Regisseur. Deswegen jongliert er auch nicht mit Planeten sondern nur mit Bällen.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 24 Februar 2008, 21:23:14
PS: Das Lob macht mich ganz :icon_redface:.

Immerhin habt ihr beide euch daran gemacht, ich habe die Flinte ins Korn geschmissen weil so ein metaphysischer Über-Film auch eine metaphysische, sehr persönliche Besprechung verdient - und die kann ich ihm noch nicht zollen, ebenso wie meinem angebeteten "The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford", der allerdings nicht ganz so komplex ist und bei einer Drittsichtung auf DVD (hoffentlich bald  :love:) schon eher in Review-Nähe rückt.

@ Copfkiller:

Den solltest du übrigens UNBEDINGT auch noch sehen. Ein Meisterwerk. Eine Über-Leistung. Und auch ein Hollywood-Film der sogar 5 Millionen $ mehr als "There Will Be Blood" gekostet hat.  :icon_lol:
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

filmimperator

Zitat von: McKenzie am 24 Februar 2008, 23:04:52
Immerhin habt ihr beide euch daran gemacht, ich habe die Flinte ins Korn geschmissen weil so ein metaphysischer Über-Film auch eine metaphysische, sehr persönliche Besprechung verdient - und die kann ich ihm noch nicht zollen, ebenso wie meinem angebeteten "The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford", (...) Den solltest du übrigens UNBEDINGT auch noch sehen. Ein Meisterwerk. Eine Über-Leistung. Und auch ein Hollywood-Film der sogar 5 Millionen $ mehr als "There Will Be Blood" gekostet hat.  :icon_lol:

Ich habe "Die Ermordung.." (viel zu langer Titel  :icon_mrgreen:) damals auch im Kino gesehen und kann dir in Sachen Regie, Schauspielerleistungen (Casey Affleck und Brad Pitt spielen ihre ambivalente Charaktere brillant) und Kamera, die wunderschöne Bilder einfängt und damit die zum Teil bedrückenden Stimmungen der Figuren und des Films treffend beschreibt, zustimmen. Allerdings nicht beim Film als solchen. Einige dramaturgische Durchhänger fallen doch bei aller epischer Breite der Erzählung auf und man wird den Eindruck nicht los, dass man die ganze Geschichte um mindestens eine halbe Stunde hätte bedenkenlos kürzen können...
Unterschiedliche Meinungen? Chuck Norris interessieren nicht mal die Fakten!

Happy Harry mit dem Harten

Zitat von: McKenzie am 24 Februar 2008, 23:04:52
Wie beginnt denn der Film? Man hört dissonante Streicher (das Bild ist noch schwarz) und sieht die kargen Berge der Wüste (Aufblende) in einer statischen Einstellung. Wer sich da nicht sogleich an den ersten "Auftritt" des Monolithen in "2001" mit der Giörgy Ligeti-Musik erinnert fühlt, kann nur cineastische Repression betreiben. Und das ist nur der Anfang des Films.  :icon_mrgreen:

Richtig, der Film läuft über vor Verweisen auf Kubrick und auch der Einsatz musikalischer Themen erinnert stark an den Großmeister.

Zitat von: McKenzie am 24 Februar 2008, 23:04:52
Der Film weckt dauernd Kubrick-Assoziationen, hat aber mit ihm eigentlich nicht viel gemein.

Habe ich auch nicht behauptet, nur um angemessene Vergleiche finden zu können, da muss man schon zu Namen wie Leone, Kubrick, Eisenstein oder Antonioni greifen. Anderson hat seinen eigenen Stil ja schon längst gefunden und hat es sicher nicht nötig, nur seine Vorbilder zu zitieren, geschweige denn zu plagiieren.

Zitat von: McKenzie am 24 Februar 2008, 23:04:52Im Gegensatz zu Kubrick, der sich (keinesfalls zu unrecht, aber manchmal etwas zu sehr) sehr ernst und wichtig nimmt, ist Anderson ein intimerer, bescheidenerer und demütigerer Regisseur. Deswegen jongliert er auch nicht mit Planeten sondern nur mit Bällen.

Das macht ihn imo aber nicht zu einem besseren Regisseur. Kubrick stand seinen Werken auch demütig gegenüber und trat keinesfalls selbstverliebt oder unbescheiden auf.

Zitat von: McKenzie am 24 Februar 2008, 23:04:52
ich habe die Flinte ins Korn geschmissen weil so ein metaphysischer Über-Film auch eine metaphysische, sehr persönliche Besprechung verdient - und die kann ich ihm noch nicht zollen, ebenso wie meinem angebeteten "The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford",

Ziel einer Filmkritik sollte doch nicht sein, jedem einzelnen Aspekt Tribut zu zollen. Jedenfalls habe ich persönlich nicht vor, den von mir besprochenen Filmen wirklich "gerecht" zu werden. Dafür sehe ich mich als Autor sowieso noch als zu unbeholfen - hält mich aber nicht davon ab auch mal Anderson, Bergmann oder Truffaut zu besprechen. Man wächst schließlich mit seinen Aufgaben.

Zitat von: McKenzie am 24 Februar 2008, 23:04:52Den solltest du übrigens UNBEDINGT auch noch sehen. Ein Meisterwerk. Eine Über-Leistung. Und auch ein Hollywood-Film der sogar 5 Millionen $ mehr als "There Will Be Blood" gekostet hat.  :icon_lol:

Hab ich mir bereits angesehen und kann dir fast hunderprozentig beipflichten. Der wohl beste Western seit ERBARMUNGLOS mit darstellerische Bestleistungen und faszinierender Bebilderung. Schade, aber nicht überraschend, das der Film von der Academy übergangen wurde.

Zitat von: filmimperator am 25 Februar 2008, 16:49:41Einige dramaturgische Durchhänger fallen doch bei aller epischer Breite der Erzählung auf und man wird den Eindruck nicht los, dass man die ganze Geschichte um mindestens eine halbe Stunde hätte bedenkenlos kürzen können...

Diese dramaturgischen Durchhänger sind eventuell schon vorhanden aber bei einem Leone interessiert das niemanden. Auch dessen Filme könnten locker gekürtzt werden ohne Handlungseinbußen, Tempo und Atmosphäre würden aber sicher unter diesen Kürzungen leiden. Daher kann ich den Kritikpunkt zwar nachvollziehen, selber hat mich die Länge (auch die des Titels) aber nicht gestört.

filmimperator

Zitat von: COPFKILLER am 26 Februar 2008, 20:09:20
Diese dramaturgischen Durchhänger sind eventuell schon vorhanden aber bei einem Leone interessiert das niemanden. Auch dessen Filme könnten locker gekürtzt werden ohne Handlungseinbußen, Tempo und Atmosphäre würden aber sicher unter diesen Kürzungen leiden. Daher kann ich den Kritikpunkt zwar nachvollziehen, selber hat mich die Länge (auch die des Titels) aber nicht gestört.

Also die Länge des Titels habe ich nicht als verbesserungswürdigen Punkt angebracht, auch wenn mich dessen Ausschreibung um gut 30 Sekunden meiner wertvollen Lebenszeit bringt  :icon_mrgreen:.

Es geht darum, dass Leones Filme von vorne bis hinten durchkomponierte Meisterwerke sind. Kamera und vor allem: Musik ergeben ein großartiges Gesamtkunstwerk. "Die Ermordung..." liefert auch grandiose Bilder, allerdings hat man zuweilen den Eindruck, man müsse epigonisch "Der mit dem Wolf tanzt" oder "Erbarmungslos" zitieren, um den Mangel an Innovation und Originalität in dieser ach so tiefgründigen Demontage eines Mythos zu kaschieren. Genau deswegen taugt Dominiks Werk eben auch nicht zum Meisterwerk oder zukünftigen Klassiker: Er hat dem Genre nichts Neues hinzuzufügen.
Unterschiedliche Meinungen? Chuck Norris interessieren nicht mal die Fakten!

McKenzie

28 Februar 2008, 01:53:03 #346 Letzte Bearbeitung: 28 Februar 2008, 01:57:04 von McKenzie
Zitat von: filmimperator am 27 Februar 2008, 13:45:11
Genau deswegen taugt Dominiks Werk eben auch nicht zum Meisterwerk oder zukünftigen Klassiker: Er hat dem Genre nichts Neues hinzuzufügen.

Wie gut, das Dominik ziemlich egal ist, das er in einem bestimmten Genre operiert und das er seinen Film nicht direkt als Western sieht. Somit kann der Film ganz unabhängig von irgendwelcher engstirnigen Genre-Erbsenzählerei beurteilt werden als ein souveränes Werk, das existenzielle philosophische Fragen stellt und Antworten gibt statt die Regeln des Genres "Western" das er nur am Rande streift, zu reflektieren und umzustürzen.  :icon_mrgreen:

Die Bilder und die Musik des Films sind natürlich wunderbar, allerdings keineswegs die Hauptsache, beides ist vollkommen der eigentlichen Quintessenz untergeordnet und die gab es so - wenn man einmal die Genre-Perspektive einnimmt - im Western wohl noch nicht. Das ist ja das herausragende, geniale an dem Film: Er erzählt keine Geschichte und fühlt sich keinem Plot unterworfen, er verbildlicht die persönlichen Entwicklungsstadien seiner Figuren, bleibt dabei aber relativ narrativ.

Sorry, aber gegen einen der besten Hollywood-Filme seit Jahren und meinen persönlichen Liebling 2007 (und das ist schon eine große Auszeichnung denn 2007 war reich an wunderbaren Filmen) lasse ich nichts kommen.  ;) :love:

@ Copfkiller:

Zu dir komme ich später.  ;) Schön, das du meine Meinung bezüglich "The Assassination..." teilst. Ich habe mich selbst nach dem zweiten Mal noch ganz klein gefühlt angesichts eines Films der so selbstverständlich viele Dinge, die in meinem Leben (um die persönliche Note meiner Begeisterung zu erklären) eine große Rolle spielten und die allgemein wohl zu den geheimsten Schattenseiten vieler Menschen gehören, unprätentiös zu einem transzendierenden Ganzen vereint hat.
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

filmimperator

Zitat von: McKenzie am 28 Februar 2008, 01:53:03
Wie gut, das Dominik ziemlich egal ist, das er in einem bestimmten Genre operiert und das er seinen Film nicht direkt als Western sieht. Somit kann der Film ganz unabhängig von irgendwelcher engstirnigen Genre-Erbsenzählerei beurteilt werden als ein souveränes Werk, das existenzielle philosophische Fragen stellt und Antworten gibt statt die Regeln des Genres "Western" das er nur am Rande streift, zu reflektieren und umzustürzen.  :icon_mrgreen:

Ähm...ja... :icon_rolleyes:. Ich hab ja nicht behauptet, der Film wäre mies (auch wenn sich das missverständlerweise so angehört haben sollte), doch ist für mich nach oben noch etwas Luft. Vielleicht bringt ja eine erneute Sichtung dieses erlesen bebilderten und - ja, da gebe ich dir Recht - gehaltvollen Films mehr Klarheit. Bisher stehe ich bei knappen 8/10 Punkten. Du sagst, dass die Bilder das Innenleben der Figuren widerspiegelt und gerade deswegen narrativ sei - dem kann ich nicht wirklich zustimmen bisher. Allerdings müsste ich jetzt den Film nochmal sehen, um 100%ig mitreden zu können. Damals im Kino fiel mir das jdf. nicht auf.
Unterschiedliche Meinungen? Chuck Norris interessieren nicht mal die Fakten!

Happy Harry mit dem Harten

29 Februar 2008, 03:59:39 #348 Letzte Bearbeitung: 29 Februar 2008, 20:31:30 von COPFKILLER
Wenn der Komödien-erfahrene FRIENDS-Star David Schwimmer einen Film dreht mit dem sympathischen Briten Simon Pegg in der Hauptrolle, dann kann das ergebnis kaum schlecht ausfallen. In Anbetracht der wirklich tollen Besetzung und der guten Regie Schwimmers ist RUN FATBOY RUN trotzdem eine kleine Enttäuschung. Über biederen Durchschnittbrei von der Stange kommt der Film kaum hinaus, sein Charme rettet ihn aber leicht über den Durchschnitt.

Sympathisch, unterhaltsam, sehenswert - aber nicht unbedingt gut:

http://www.ofdb.de/review/131386,283614,Run-Fatboy-Run

Happy Harry mit dem Harten

Das Kinojahr bleibt weiterhin erstklassig:

http://www.ofdb.de/review/131387,283976,Lars-und-die-Frauen

Mit so vielen guten Filmen, wie sie im Moment vertreten sind, kann sogar der neue Emmerich-NoBrainer kommen. Man ist ja ausreichend entschädigt mit gehaltvollen Filmen und ein bisschen Blockbuster darf dann auch mal wieder sein.  :icon_mrgreen:

Mr. Vincent Vega

Nachdem dein Ausflug in die Propagandafilme des Dritten Reichs an mir vorbei ging, bzw. ich damals noch nicht so sehr auf dich geachtet habe, stellte ich nun beim Zurückblättern dieses Threads fest, dass du einige der populärsten Vertreter besprochen hast.

Die an dieser Stelle bemängelte Tendenz zu hohen Bewertungen möchte ich dahingehend weiterführen, als ich es in keiner Weise nachvollziehbar und vertretbar finde, Produktionen wie JUD SÜß oder TRIUMPH DES WILLENS (die ich beide zumindest kenne) so hoch zu bewerten und sie an nachhaltig betonten "formalen Maßstäben" zu messen. Es ist absurd, diese Filme ihrer propagandistischen Erfolge wegen als gelungen einzustufen und/oder ihre filmsprachlichen Besonderheiten als Stärken zu deklarieren.

Faschistische Ästhetik ist nie und in keiner Hinsicht aus ihrem Kontext ablösbar. Riefenstahls Filme sind per se faschistisch. Ihnen ist nicht etwa nur eine fragwürdige Ideologie inhärent, die die etwaigen sinnästhetischen Qualitäten verneble (in TRIUMPH DES WILLENS wird ja oft die rhythmische Montage der Bilder zu Marschmusik gelobt), sondern diese Filme sind mit jeder Faser Produkte einer faschistischen Gesinnung und damit nicht differenziert im Sinne einer Trennung von Form und Inhalt rezipierbar.

Du verhandelst dieses Thema für mich nach dem Motto: Ein Nazi hat einen Kuchen gebacken, der aber trotzdem gut schmeckt.


(und nebenbei: ich glaube ich habe nie einen langweiligeren Film als TRIUMPH DES WILLENS gesehen, und seine "rein filmische" Bedeutung befindet sich im Nullbereich)

Ich empfehle dazu Sekundärliteratur von Georg Seeßlen, der leider als einer der wenigen deutschen Filmwissenschaftler gegen die Verklärung von Riefenstahl und Co. arbeitet.

filmimperator

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 02:57:53
Faschistische Ästhetik ist nie und in keiner Hinsicht aus ihrem Kontext ablösbar.
(...)
diese Filme sind mit jeder Faser Produkte einer faschistischen Gesinnung und damit nicht differenziert im Sinne einer Trennung von Form und Inhalt rezipierbar.

Empfinde ich ähnlich. Allerdings kannst du nie Filme bzgl. Form und Inhalt komplett aufdröseln. Jede Herrschaftsform bringt Filme hervor, die ihr förderlich sind, ob sie diese Intention dem Filmemacher nun aufoktroyiert hat oder nicht. "Die Welle" z.B. ist ein indirektes Statement FÜR die Demokratie genau so wie bspw. "Das Leben der Anderen". Faschistische Kunst und Kunst in anderen Staatsformen unterscheiden sich hauptsächlich in der Vielfalt der Möglichkeit einer Aussage. Heute ist es durchaus auch möglich, Anarchie in Filmen zu propagieren, während eine kritische Gesinnung in Filmen, welche in einer Diktatur gedreht wurden zu deren Verbot führt (z.B. "Spur der Steine", der in der DDR verboten wurde oder "John Rambo" in Birma).



Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 02:57:53
Ich empfehle dazu Sekundärliteratur von Georg Seeßlen, der leider als einer der wenigen deutschen Filmwissenschaftler gegen die Verklärung von Riefenstahl und Co. arbeitet.

Er schrieb darüber ja auch noch viel mehr über Filmgenres wie den Erotik-, Splatter-, Liebes- oder Polizeifilm  ;).

Das Buch, was du meinst, ist jedoch wsl. "Natural Born Nazis. Faschismus in der populären Kultur", oder?
Unterschiedliche Meinungen? Chuck Norris interessieren nicht mal die Fakten!

Happy Harry mit dem Harten

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 02:57:53
Die an dieser Stelle bemängelte Tendenz zu hohen Bewertungen möchte ich dahingehend weiterführen, als ich es in keiner Weise nachvollziehbar und vertretbar finde, Produktionen wie JUD SÜß oder TRIUMPH DES WILLENS (die ich beide zumindest kenne) so hoch zu bewerten und sie an nachhaltig betonten "formalen Maßstäben" zu messen. Es ist absurd, diese Filme ihrer propagandistischen Erfolge wegen als gelungen einzustufen und/oder ihre filmsprachlichen Besonderheiten als Stärken zu deklarieren.

Hört sich ja an als ob ich Propagandafilme allgemein hoch bewerte nur weil es Nazi-Kram ist. Sehr aufmerksam scheinst du nicht gelesen zu haben sonst hättest du auch schlechte Bewertungen entdeckt, zB HITLERJUNGE QUEX, den ich mit 2 Punkten bewertet habe, genauso wie DER EWIGE JUDE.

Warum sollte ich aber per se jedem Film der Nazi-Zeit die Tiefstnote verpassen? Das wäre in keiner Form objektiv, Riefenstahls Genialität möchte ich nicht unter den Tisch fallen lassen, nur weil sie einem falschen System gedient hat. Erst kürzlich habe ich eine sehr positive Kritik zu ALEXANDER NEVSKI von Eisenstein geschrieben, ebenfalls ein lupenreiner Propagandafilm. So What? Der Film ist in seiner Filmsprache beinahe von zeitloser Größe, genauso sollte er auch anerkannt werden.

Von vielen Stellen (auch seriösen) wird übrigens seit Jahren gefordert, die Riefenstahls wieder frei zu geben, da ihr Wert einfach nicht von der Hand zu weisen ist. OLYMPIA ist ja inzwischen wieder frei erhältlich, btw: eine super DVD-Edition, die ich jedem Cineasten ans Herz lege. Außerdem gebe ich keine hohe Punktzahl, nur weil der propagandistische Effekt erzielt wurde.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 02:57:53


Faschistische Ästhetik ist nie und in keiner Hinsicht aus ihrem Kontext ablösbar. Riefenstahls Filme sind per se faschistisch. Ihnen ist nicht etwa nur eine fragwürdige Ideologie inhärent, die die etwaigen sinnästhetischen Qualitäten verneble (in TRIUMPH DES WILLENS wird ja oft die rhythmische Montage der Bilder zu Marschmusik gelobt), sondern diese Filme sind mit jeder Faser Produkte einer faschistischen Gesinnung und damit nicht differenziert im Sinne einer Trennung von Form und Inhalt rezipierbar.

Gerade du als STAR WARS Fan solltest doch zur Genüge wissen, wie weitreichend der Einfluss von Riefenstahls Filmsprache ist. Es handelt sich hierbei nicht um irgendeine faschistische Filmsprache sondern um deren endgültige Definition. Da es sich nicht um Spielfilme mit versteckten Botschaften sondern um offen politische Werke handelt, sehe ich eigentlich kein Problem beispielsweise bei TRIUMPH DES WILLENS.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 02:57:53
Du verhandelst dieses Thema für mich nach dem Motto: Ein Nazi hat einen Kuchen gebacken, der aber trotzdem gut schmeckt.

Das ist gut möglich aber du verhandelst genauso simpel und forderst eine tiefe Bewertung nur aufgrund faschistischer Ästhetik. Das ist recht dünn und du solltest meine 10/10 für BIRTH OF A NATION nicht vergessen. Teilweise wird selbst dieses erste filmische Meisterwerk in der Fachliteratur auf seinen Rassismus reduziert.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 02:57:53
(und nebenbei: ich glaube ich habe nie einen langweiligeren Film als TRIUMPH DES WILLENS gesehen, und seine "rein filmische" Bedeutung befindet sich im Nullbereich)

Sorry aber das ist gar kein Argument. Hab auch schon von einigen Leuten gehört wie langweilig Fellini, Truffaut oder Lars von Trier angeblich sein soll. Genauso könnte man THERE WILL BE BLOOD als langatmig abtun, da sitzt man immerhin auch mehr als 2 Stunden. Vor allem wenn man bedenkt, das du auch Stanley Kubrick als Langweiler bezeichnest, da verlierst du für mich an Glaubwürdigkeit. Das die rein filmische Bedeutung NICHT im Nullbereich liegt müsstest du wissen, wenn du dich wirklich schon ernsthaft mit dem Thema auseinander gesetzt hast.

Zu Seeßlen: Teilweise gefallen mir seine Texte sehr gut aber seitdem ich DAVID LYNCH UND SEINE FILME gelesen habe überlege ich mir 2mal ob ich ein Buch von ihm kaufe.

Übrigens, welche Verklärung Riefenstahls: Überall, das habe ich auch hier im Forum gemerkt, wird sie auf ihre Mitarbeit im Nazi-Apparat reduziert. Ihr fotografisches Werk oder ihren letzten Film IMPRESSIONEN UNTER WASSER kennt kaum einer. Und wie schon an anderer Stelle erwähnt: Der Umgang mit den Film-Persönlichkeiten des Dritten Reiches ist in Deutschland extrem verlogen und zwiespältig zu betrachten.







Happy Harry mit dem Harten

Zitat von: filmimperator am 16 März 2008, 13:34:37
Heute ist es durchaus auch möglich, Anarchie in Filmen zu propagieren, während eine kritische Gesinnung in Filmen, welche in einer Diktatur gedreht wurden zu deren Verbot führt (z.B. "Spur der Steine", der in der DDR verboten wurde oder "John Rambo" in Birma).

Stallones Machwerk zu verbieten halte ich für einen verständlichen Schritt. Ich will die Greueltaten nicht verharmlosen, die im Film angesprochen werden, aber mal im Ernst: Der Film geilt den Zuschauer in ekelhafter Weise daran auf und bleibt in etwa so authentisch wie BORAT.

Ansonsten möchte ich deine Worte aber unterschreiben. Hast du selbst einmal die Riefenstahl-Filme gesehen?

Mr. Vincent Vega

Zitat von: filmimperator am 16 März 2008, 13:34:37
Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 02:57:53
Faschistische Ästhetik ist nie und in keiner Hinsicht aus ihrem Kontext ablösbar.
(...)
diese Filme sind mit jeder Faser Produkte einer faschistischen Gesinnung und damit nicht differenziert im Sinne einer Trennung von Form und Inhalt rezipierbar.

Empfinde ich ähnlich. Allerdings kannst du nie Filme bzgl. Form und Inhalt komplett aufdröseln.

Habe ich auch nicht behauptet. Gerade hier meine ich ja, dass das eben nicht möglich ist.

Zitat von: filmimperator am 16 März 2008, 13:34:37
Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 02:57:53
Ich empfehle dazu Sekundärliteratur von Georg Seeßlen, der leider als einer der wenigen deutschen Filmwissenschaftler gegen die Verklärung von Riefenstahl und Co. arbeitet.

Er schrieb darüber ja auch noch viel mehr über Filmgenres wie den Erotik-, Splatter-, Liebes- oder Polizeifilm  ;).

Und nun?

Zitat von: filmimperator am 16 März 2008, 13:34:37
Das Buch, was du meinst, ist jedoch wsl. "Natural Born Nazis. Faschismus in der populären Kultur", oder?

Nein, ich meine verschiedene Texte und Essays wie "Die Krieger, das Mädchen, der Tanz und der Führer" oder "Leni Riefenstahl. Die phallische Frau des Faschismus und ihre Wiederentdeckung".

Zitat von: COPFKILLER am 16 März 2008, 14:09:00
Hört sich ja an als ob ich Propagandafilme allgemein hoch bewerte nur weil es Nazi-Kram ist. Sehr aufmerksam scheinst du nicht gelesen zu haben sonst hättest du auch schlechte Bewertungen entdeckt, zB HITLERJUNGE QUEX, den ich mit 2 Punkten bewertet habe, genauso wie DER EWIGE JUDE.

Es geht nicht darum, dass du andere Filme niedriger bewertet hast, sondern, dass du den benannten objektive bzw. formale Stärken zugesprochen hast.

Zitat von: COPFKILLER am 16 März 2008, 14:09:00
Warum sollte ich aber per se jedem Film der Nazi-Zeit die Tiefstnote verpassen? Das wäre in keiner Form objektiv, Riefenstahls Genialität möchte ich nicht unter den Tisch fallen lassen, nur weil sie einem falschen System gedient hat.

Genau dieser Satz drückt eigentlich das ganze Missverständnis in dieser Diskussion aus.

Sie hat eben nicht "einem falschen System gedient", auch wenn die gute Frau das als Lebenslüge immer wieder selbst vor sich hergetragen hat. Die ganze Rezeption des Riefenstahl-Werkes ist an Falschheit kaum zu überbieten. Dieser Satz von dir impliziert abermals die m.E. fadenscheinige Trennung von vermeintlich filmischer Genialität und ideologischer Bedenklichkeit. Die Filme sind eben nicht objektiv lesbar und deshalb braucht man ihnen eben auch keine scheinobjektiven hohen Wertungen zu verpassen. Denn die ganze Form dieser Filme ergibt sich aus deren Ideologie, die ganze Form bildet die Ideologie und in dem Moment, in dem man die Form abzutrennen und zu bewundern versucht, greift die Ideologie.

Seeßlen hat das wunderbar zusammengefasst:

ZitatRiefenstahl hat für sich stets in Anspruch genommen, sie habe eine vollständig morallose Kunst angestrebt, sich nie für die Wirklichkeit interessiert. Was nicht nur keine Entschuldigung, sondern bereits ein vernichtendes Urteil über eine ,Kunst' ist.

Und ferner:

ZitatWas Leni Riefenstahl anbelangt, so haben wir uns an eine prekäre Doppelstrategie gewöhnt, sie zugleich ästhetisch zu retten und politisch zu verdammen. Die Beharrlichkeit und, sagen wir es ruhig, sture Dummheit ihrer Schuldverdrängung macht uns dabei ein wenig hilflos, Leni Riefenstahl kann als Zeugin in eigener Sache nur sehr bedingt dienen. Zu den zentralen Fragen nach dem Zusammenhang von Kunst und Politik vorzudringen, ist bei ihr nicht möglich. Was aber können wir dann in ihr finden? Als Modell deutscher Verdrängungskunst, in der sich noch allemal die Täter als Opfer gerieren, ist sie peinvoll deutlich und verstellt damit den Blick auf das, was ihre Filme für die Entwicklung des Mediums leisteten. Jeder Blick auf die Künstlerin indes läßt sich nicht trennen vom Wirken und-Fortwirken einer faschistischen Mythologie und Formenwelt, die nicht besser wird dadurch, daß ihre Urheberin beharrlich alles darin verleugnet, was ,,Aussage" sein muß. Denn tatsächlich gibt es in ihrer Arbeit keine faschistischen Gedanken; sie entsteht aus ihrem wirklichen Blick, der von sich nichts wissen will.

Es ist mir immer wieder unbegreiflich, wie man so wie hier argumentieren kann. "Nazifilme sind schlecht, aber gut sehen sie ja trotzdem aus."

Zitat von: COPFKILLER am 16 März 2008, 14:09:00
Erst kürzlich habe ich eine sehr positive Kritik zu ALEXANDER NEVSKI von Eisenstein geschrieben, ebenfalls ein lupenreiner Propagandafilm. So What? Der Film ist in seiner Filmsprache beinahe von zeitloser Größe, genauso sollte er auch anerkannt werden.

Habe ich nicht gesehen, deine Argumentation aber scheint die selbe zu sein. Und die ist m.E. nicht haltbar (s.o.).

Im Übrigen ist Propagandafilm nicht gleich Propagandafilm. Zwischen totalitären Systemen und anderen Staatsformen muss man schon noch unterscheiden. Wenn z.B. Powell/Pressburger Propagandafilme gedreht haben ist das nicht per se das selbe, als wenn Riefenstahl das tat. Genau diese Vergeiche der äußeren Form führt ja zu dem gegenwärtig verbreiteten Stammtischdenken, dass alle Extreme gleich schlecht seien, nur mit anderen Vorzeichen. Vergleiche zwischen der Diktatur des Dritten Reichs z.B. und der der SED, was meist absurd ist.

Zitat von: COPFKILLER am 16 März 2008, 14:09:00
Von vielen Stellen (auch seriösen) wird übrigens seit Jahren gefordert, die Riefenstahls wieder frei zu geben, da ihr Wert einfach nicht von der Hand zu weisen ist. OLYMPIA ist ja inzwischen wieder frei erhältlich, btw: eine super DVD-Edition, die ich jedem Cineasten ans Herz lege.

Ich habe in Sachen Riefenstahl und Filmschaffen des Dritten Reiches gelernt, notfalls Abstand von sogenannten seriösen Stellen zu gewinnen.

Im Übrigen bringst du hier etwas durcheinander: Ich habe nicht gesagt, dass man sich damit nicht auseinandersetzen dürfte (man muss es sogar), sondern nur kritisch festgestellt, dass man diese Werke nicht verklären sollte, was du m.E. tust. Und zwar im ganz großen Stil.

Über die freie Erhältlichkeit muss da gar nicht groß diskutiert werden, das sehe ich ähnlich. (auch wenn wir ein Grundgesetz haben, dass verfassungswidrige Zeichen und Schriften zurecht nun einmal verbietet)

Zitat von: COPFKILLER am 16 März 2008, 14:09:00
Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 02:57:53
Faschistische Ästhetik ist nie und in keiner Hinsicht aus ihrem Kontext ablösbar. Riefenstahls Filme sind per se faschistisch. Ihnen ist nicht etwa nur eine fragwürdige Ideologie inhärent, die die etwaigen sinnästhetischen Qualitäten verneble (in TRIUMPH DES WILLENS wird ja oft die rhythmische Montage der Bilder zu Marschmusik gelobt), sondern diese Filme sind mit jeder Faser Produkte einer faschistischen Gesinnung und damit nicht differenziert im Sinne einer Trennung von Form und Inhalt rezipierbar.

Gerade du als STAR WARS Fan solltest doch zur Genüge wissen, wie weitreichend der Einfluss von Riefenstahls Filmsprache ist. Es handelt sich hierbei nicht um irgendeine faschistische Filmsprache sondern um deren endgültige Definition. Da es sich nicht um Spielfilme mit versteckten Botschaften sondern um offen politische Werke handelt, sehe ich eigentlich kein Problem beispielsweise bei TRIUMPH DES WILLENS.

Jetzt wird's noch haariger. Nur weil Generationen von Filmemachern meinten, sie könnten die Ästhetik aus ihrem Kontext lösen, ist das noch lange nicht richtig. Gerade die Faszination Hollywoods für Fascho-Ästhetik ist eines der spannendsten Felder der Filmforschung, nur noch lange kein Indiz für die Richtigkeit dieser ungebrochenen Übernahme. Dazu kommt, dass die Amerikaner damit viel leichtfertiger umgehen, weil sie unbefangener sind. Das trifft für uns Deutsche aber nicht zu und darf auch nicht zutreffen.

Das STAR WARS-Beispiel ist ja nur eines von vielen, und dass Lucas hier z.B. in E IV ein TRIUMPH DES WILLENS-Zitat einbaute, halte ich auch für höchst fragwürdig.

Und über die Offenheit bzw. Verschlüsselung der "Botschaften" muss man indes noch einmal ausführlich diskutieren. Nur weil wir diese Filme in Kenntnis ihrer propagandistischen Effekte sehen, heißt das noch lange nicht, dass wir alles gefiltert wahrnehmen würden.

Zitat von: COPFKILLER am 16 März 2008, 14:09:00
Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 02:57:53
Du verhandelst dieses Thema für mich nach dem Motto: Ein Nazi hat einen Kuchen gebacken, der aber trotzdem gut schmeckt.

Das ist gut möglich aber du verhandelst genauso simpel und forderst eine tiefe Bewertung nur aufgrund faschistischer Ästhetik.

Das klingt, als sei mein Einwand völlig lapidar. "Hab' dich doch nicht so, das bisschen Nazitum, unter deren Symbolik Millionen Menschen planmäßig ermordet wurden."

Merkst du nicht, dass es diese Ästhetik ist, die verführt hat, die vernebelt hat, die das Aushängeschild der schlimmsten Verbrechen der jüngeren Menschheitsgeschichte war?

Zitat von: COPFKILLER am 16 März 2008, 14:09:00
Das ist recht dünn und du solltest meine 10/10 für BIRTH OF A NATION nicht vergessen. Teilweise wird selbst dieses erste filmische Meisterwerk in der Fachliteratur auf seinen Rassismus reduziert.

Ist doch genau die selbe Logik, nach der du schon die ganze Zeit verhandelst. Verstehe ich jetzt nicht.

Zitat von: COPFKILLER am 16 März 2008, 14:09:00
Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 02:57:53
(und nebenbei: ich glaube ich habe nie einen langweiligeren Film als TRIUMPH DES WILLENS gesehen, und seine "rein filmische" Bedeutung befindet sich im Nullbereich)

Sorry aber das ist gar kein Argument. Hab auch schon von einigen Leuten gehört wie langweilig Fellini, Truffaut oder Lars von Trier angeblich sein soll. Genauso könnte man THERE WILL BE BLOOD als langatmig abtun, da sitzt man immerhin auch mehr als 2 Stunden. Vor allem wenn man bedenkt, das du auch Stanley Kubrick als Langweiler bezeichnest, da verlierst du für mich an Glaubwürdigkeit. Das die rein filmische Bedeutung NICHT im Nullbereich liegt müsstest du wissen, wenn du dich wirklich schon ernsthaft mit dem Thema auseinander gesetzt hast.

Bis auf einige interessante und für ihre Zeit neuartige Montagemuster und besagter Rhythmisierung der Bilder zur Marschmusik, ist das nur ein langes und nichts sagendes Dokument, bei dem man froh ist, wenn man es endlich durchgestanden hat. Die majästetischen Kamerabewegungen suchen den immergleichen Effekt und nutzen sich schnell ab. Bis auf die gewohnte Faszination an der Gleichförmigkeit des Menschen, auf die Reduktion des Individuums als Teil einer Übersymbolik eher uninteressant und nicht vergleichbar mit den visionären Aufnahmen in OLYMPIA, die aber genauso menschenverachtend und deshalb keinesfalls hochwertig anzusehen sind.

Zitat von: COPFKILLER am 16 März 2008, 14:09:00
Zu Seeßlen: Teilweise gefallen mir seine Texte sehr gut aber seitdem ich DAVID LYNCH UND SEINE FILME gelesen habe überlege ich mir 2mal ob ich ein Buch von ihm kaufe.

Ich halte Seeßlen für den besten Mann im deutschsprachigen Raum.

Zitat von: COPFKILLER am 16 März 2008, 14:09:00
Übrigens, welche Verklärung Riefenstahls: Überall, das habe ich auch hier im Forum gemerkt, wird sie auf ihre Mitarbeit im Nazi-Apparat reduziert. Ihr fotografisches Werk oder ihren letzten Film IMPRESSIONEN UNTER WASSER kennt kaum einer.

Ich zitiere mal wieder Seeßlen:

ZitatDass ein Korallenriff, so fotografiert, dass es nicht mehr als lebendes System, sondern als ,reines' Kunstwerk erscheint, einem ästhetischen Gewaltakt entspricht - sie [Riefenstahl] wird es so wenig verstehen wie ihre Bewunderer.

.

Zitat von: COPFKILLER am 16 März 2008, 14:09:00
Und wie schon an anderer Stelle erwähnt: Der Umgang mit den Film-Persönlichkeiten des Dritten Reiches ist in Deutschland extrem verlogen und zwiespältig zu betrachten.

Ach ja?

Ich finde ihn höchstens zwiespältig in dem Sinne, wie eine kritische Auseinandersetzung vermieden wird.

Red Shadow

16 März 2008, 15:08:44 #355 Letzte Bearbeitung: 16 März 2008, 15:19:19 von Red Shadow
Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 02:57:53
Nachdem dein Ausflug in die Propagandafilme des Dritten Reichs an mir vorbei ging, bzw. ich damals noch nicht so sehr auf dich geachtet habe, stellte ich nun beim Zurückblättern dieses Threads fest, dass du einige der populärsten Vertreter besprochen hast.

Die an dieser Stelle bemängelte Tendenz zu hohen Bewertungen möchte ich dahingehend weiterführen, als ich es in keiner Weise nachvollziehbar und vertretbar finde, Produktionen wie JUD SÜß oder TRIUMPH DES WILLENS (die ich beide zumindest kenne) so hoch zu bewerten und sie an nachhaltig betonten "formalen Maßstäben" zu messen. Es ist absurd, diese Filme ihrer propagandistischen Erfolge wegen als gelungen einzustufen und/oder ihre filmsprachlichen Besonderheiten als Stärken zu deklarieren.

Faschistische Ästhetik ist nie und in keiner Hinsicht aus ihrem Kontext ablösbar. Riefenstahls Filme sind per se faschistisch. Ihnen ist nicht etwa nur eine fragwürdige Ideologie inhärent, die die etwaigen sinnästhetischen Qualitäten verneble (in TRIUMPH DES WILLENS wird ja oft die rhythmische Montage der Bilder zu Marschmusik gelobt), sondern diese Filme sind mit jeder Faser Produkte einer faschistischen Gesinnung und damit nicht differenziert im Sinne einer Trennung von Form und Inhalt rezipierbar.

Du verhandelst dieses Thema für mich nach dem Motto: Ein Nazi hat einen Kuchen gebacken, der aber trotzdem gut schmeckt.


(und nebenbei: ich glaube ich habe nie einen langweiligeren Film als TRIUMPH DES WILLENS gesehen, und seine "rein filmische" Bedeutung befindet sich im Nullbereich)

Ich empfehle dazu Sekundärliteratur von Georg Seeßlen, der leider als einer der wenigen deutschen Filmwissenschaftler gegen die Verklärung von Riefenstahl und Co. arbeitet.


Möchtest du damit andeuten, dass man derartige Filme schlecht finden muss bzw. bei einer positiven Bewertung unterschwellig Sympathien für die Ideologie hat?

Wo ist denn genau das Problem? "Hard Candy" findest du auch gut :icon_mrgreen:. Ein im Übrigen wirklich schöner Propagandafilm, der mehr oder weniger subtil mit Klischees hantiert. Mir ging diese Manipulation seinerzeit auf den Sack, aber trotzdem halte ich es für legitim, wenn dieses Werk als gut empfunden wird. Es kommt doch immer auf den Blickwinkel bzw. den Argumentationsaufbau an. Die Meinungsbildung sollte doch nicht ausschließlich über Prämissen erfolgen. Insofern sind die von Copfkiller als überzeugend empfundenen Aspekte umso aufrichtiger dokumentiert, gleichwohl er zweifelsohne differenziert. Natürlich ist es möglich, dass ich auch überzeugende Aspekte in NS-Propagandafilmen entdecke, zumal mich der "Hard Candy Faktor" als aufgeklärter Deutscher wohl weniger stören wird ;). Alles ist machbar und verständlich, wenn man seinen Blickwinkel bzw. die Bewertung ausreichend begründet. Ich verstehe Copfkiller jedenfalls. Politische Kontexte dringen natürlich immer ein Stück weit in die eigene Argumentation. Differenzierungen gehören allerdings auch zum Geschäft :icon_lol:. "World Trade Center" und "Bad Boys 2" propagieren deiner Meinung nach ja erzkonservatives Gedankengut. An mir sieht man aber beispielsweise, dass beide Filme aufgrund diverser Gesichtspunkte trotzdem völlig unterschiedlich bewertet werden können. Oder man nehme "V wie Vendetta". Glorifizieren wir beide aufgrund unserer schriftlichen Huldigungen Gewalt und Anarchismus :icon_lol:? Ich glaube nicht :icon_eek: :icon_mrgreen:, auch wenn man dem Film solche Sympathien schwer absprechen kann. Wie dem aus sei, ich glaube verdeutlich zu haben, auf was ich hinaus will ;).
Why so serious?

WEAR RED, GET LOUD! GO 49ers!

Who's got it better than us? Nooobody!!!

filmimperator

Zitat von: COPFKILLER am 16 März 2008, 14:25:49
Stallones Machwerk zu verbieten halte ich für einen verständlichen Schritt. Ich will die Greueltaten nicht verharmlosen, die im Film angesprochen werden, aber mal im Ernst: Der Film geilt den Zuschauer in ekelhafter Weise daran auf und bleibt in etwa so authentisch wie BORAT.

Kann man so sehen, muss man aber nicht. Sicherlich legt allein schon die klare Genre-Einteilung von "John Rambo" in Action nahe, dass es zu keiner sehr ifferenzierten Auseinandersetzung mit dem Thema "Bürgerkrieg und Leiden der Bevölkerung" kommt/kommen kann. Aber wer hätte sich schon "John Rambo" angeschaut, wenn es plötzlich einen Politthriller-Plot mit viel Kritik und Hirn und wenig Action gegeben hätte? Kaum jemand. Dass der Film in Birma verboten wurde, zeigt doch einzig die Strenge der staatlichen Zensur des dortigen faschistischen Systems. Das Wort "aufgeilen" würde ich nicht benutzen, wohl aber die Frage stellen, inwiefern die dargestellte Gewalt nur noch der reine Selbstzweck (Töten im Actionfilm ist schließlich eine Konvention) ist.
Unterschiedliche Meinungen? Chuck Norris interessieren nicht mal die Fakten!

Mr. Vincent Vega

Shadow,

worauf du hinaus willst, glaube ich zu erahnen, aber es trifft den Kern der Diskussion absolut nicht. Die Ideologie eines HARD CANDY mit der der Riefenstahl-Filme dahingehend in einen Zusammenhang zu bringen, als man beide auf ihre Art gut finden könne, ist nun absolut nicht haltbar und kommt auch nicht aufs gleiche hinaus.

Keiner der von dir genannten Filme hat hier irgendetwas verloren. Du stellst hier völlig verschiedene Ideologien gleich, um Rückschlüsse auf ihre Zulässigkeit in der Rezeption zu ziehen, aber das geht nicht. Wir müssen den Komplex Drittes Reich hier isoliert betrachten, weshalb ich die ganzen Einschübe von wegen RAMBO, BIRTH OF A NATION oder deine Beispiele unzulässig finde.

Happy Harry mit dem Harten

16 März 2008, 18:00:48 #358 Letzte Bearbeitung: 16 März 2008, 18:08:52 von COPFKILLER
Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 15:00:34
Es geht nicht darum, dass du andere Filme niedriger bewertet hast, sondern, dass du den benannten objektive bzw. formale Stärken zugesprochen hast.

Ganz einfach weil diese Stärken vorhanden sind. Die kann man nicht einfach wegdiskutieren.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 15:00:34
Sie hat eben nicht "einem falschen System gedient", auch wenn die gute Frau das als Lebenslüge immer wieder selbst vor sich hergetragen hat. Die ganze Rezeption des Riefenstahl-Werkes ist an Falschheit kaum zu überbieten.

Ich finde es falsch, sich immer wieder auf die Privatperson Riefenstahl zu stürzen. Ist mir auch egal, dass John Wayne ein Faschist war. Übrigens: Schreib doch mal was zur Riefenstahl und erneuere mal eben die gesamte Rezeption ihres Werkes wenn doch alle anderen ach so falsch liegen. Imo wird die Frau nicht verklärt - sobald ihr Name fällt, wird ihre Verbindung zu Hitler erwähnt. Als IMPRESSIONEN UNTER WASSER raus kam, gab es einen kleinen Skandal, ob das überhaupt in Ordnung sei, die Riefenstahl nochmals filmen zu lassen. Lächerlich für meine Begriffe.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 15:00:34Die Filme sind eben nicht objektiv lesbar und deshalb braucht man ihnen eben auch keine scheinobjektiven hohen Wertungen zu verpassen.

Diese hohen Wertungen sollen nicht "scheinobjektiv" sein. Alle Kritiken sind subjektiv gefärbt, meine bilden da selbstverständlich keine Ausnahme. Ich fand TRIUMPH DES WILLENS und JUD SÜß jedenfalls weder langweilig noch sonst was. Die Punktzahlen sind da schon meine ehrliche Meinung. Im übrigen versuche ich doch gar nicht den Inhalt von der Form zu lösen, das tue ich auch bei BIRTH OF A NATION nicht. Dieser Vergleich ist NICHT unangebracht, da jener Film zu seiner Veröffentlichungszeit sehr großen Einfluss auf die rassistische Bevölkerung Amerikas und hat dem ollen KKK den nötigen Rückenwind verpasst um auf die höchste jemals erreichte Mitgliederzahl zu kommen.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 15:00:34
Im Übrigen ist Propagandafilm nicht gleich Propagandafilm. Zwischen totalitären Systemen und anderen Staatsformen muss man schon noch unterscheiden. Wenn z.B. Powell/Pressburger Propagandafilme gedreht haben ist das nicht per se das selbe, als wenn Riefenstahl das tat. Genau diese Vergeiche der äußeren Form führt ja zu dem gegenwärtig verbreiteten Stammtischdenken, dass alle Extreme gleich schlecht seien, nur mit anderen Vorzeichen. Vergleiche zwischen der Diktatur des Dritten Reichs z.B. und der der SED, was meist absurd ist.

Solche Vergleiche wurden von mir nicht im entferntesten gemacht. Mein Vergleich mit der stalinistischen Diktatur ist dagegen jedoch zutreffend wie ich finde. Vor allem was Eisensteins/Riefenstahls Rollen angeht. Überhaupt verstehe ich nicht, worauf du hinaus willst. Auf meine Texte gehst du überhaupt nicht ein, nur auf meine Bewertungen, Verbesserungsvorschläge sehe ich da nicht.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 15:00:34
Ich habe in Sachen Riefenstahl und Filmschaffen des Dritten Reiches gelernt, notfalls Abstand von sogenannten seriösen Stellen zu gewinnen.

Willst du damit sagen, außer dir und vielleicht Seeßlen hat jeder Unrecht? Nur weil man den Filmen ihre offensichtlichen Qualitäten nicht absprechen will? Das Propaganda nicht gleich Propaganda ist, weiß selbst ich, stell dir vor.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 15:00:34
Über die freie Erhältlichkeit muss da gar nicht groß diskutiert werden, das sehe ich ähnlich. (auch wenn wir ein Grundgesetz haben, dass verfassungswidrige Zeichen und Schriften zurecht nun einmal verbietet)

Also bist du doch für den weiteren Verschluss der Filme. Bei einer tieferen Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich, sind die Filme aber unverzichtbar, da bin ich froh über das Seminar, das ich da mitmachen konnte. TRIUMPH DES WILLENS habe ich am selben Tag gesehen wie meine erste Rundführung durch Auschwitz.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 15:00:34
Jetzt wird's noch haariger. Nur weil Generationen von Filmemachern meinten, sie könnten die Ästhetik aus ihrem Kontext lösen, ist das noch lange nicht richtig.

Nein, aber es ziegt den Einfluss ihrer Filmsprache. Das müsstest du wissen. Das Lucas und andere Filmemacher sich an gewissen Einstellungen orientieren halte ich überdies nicht für fragwürdig sondern für völlig legitim. Massenszenen kommen eigentlich kaum aus ohne Griffith, Riefenstahl und Eisenstein zu zitieren.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 15:00:34
Gerade die Faszination Hollywoods für Fascho-Ästhetik ist eines der spannendsten Felder der Filmforschung, nur noch lange kein Indiz für die Richtigkeit dieser ungebrochenen Übernahme. Dazu kommt, dass die Amerikaner damit viel leichtfertiger umgehen, weil sie unbefangener sind.

Das sehe ich genauso.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 15:00:34Das trifft für uns Deutsche aber nicht zu und darf auch nicht zutreffen.

Das sehe ich völlig anders. Gerade die deutsche Vergangenheitsbewältigung läuft schief. Das sieht sogar der Zentralrat der Juden so.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 15:00:34
Und über die Offenheit bzw. Verschlüsselung der "Botschaften" muss man indes noch einmal ausführlich diskutieren. Nur weil wir diese Filme in Kenntnis ihrer propagandistischen Effekte sehen, heißt das noch lange nicht, dass wir alles gefiltert wahrnehmen würden.

Tatsächlich sprengt das hier ziemlich den Rahmen, dennoch eine sehr interessante Diskussion. Allerdings habe ich Probleme mit solch langen Postings vernünftig umzugehen.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 15:00:34Bis auf einige interessante und für ihre Zeit neuartige Montagemuster und besagter Rhythmisierung der Bilder zur Marschmusik, ist das nur ein langes und nichts sagendes Dokument, bei dem man froh ist, wenn man es endlich durchgestanden hat. Die majästetischen Kamerabewegungen suchen den immergleichen Effekt und nutzen sich schnell ab. Bis auf die gewohnte Faszination an der Gleichförmigkeit des Menschen, auf die Reduktion des Individuums als Teil einer Übersymbolik eher uninteressant und nicht vergleichbar mit den visionären Aufnahmen in OLYMPIA, die aber genauso menschenverachtend und deshalb keinesfalls hochwertig anzusehen sind.

Du erinnerst mich grade dran, zu OLYMPIA muss ich auch mal Kritiken schreiben, ganz wichtig. Ansonsten kann ich nur sagen: Da 2001 für dich auch langweiliges, wichtigtuerisches Gesabbel ist, sehe ich klar, warum wir so unterschiedliche Meinungen zu Riefenstahl haben. Scorsese bezeichnet Filmemacher wie sie als "Bilderstürmer", ein treffender Ausdruck für solch visionäre Künstler.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 15:00:34
Ach ja?

Ich finde ihn höchstens zwiespältig in dem Sinne, wie eine kritische Auseinandersetzung vermieden wird.

Also bitte. Du tust ja so, als würden die Filme allgemein bekannt sein und von jedem gesehen, ohne dabei kritisch hinterfragt zu werden. Dem ist nicht so, im Gegenteil: Riefenstahl war lebenslang stigmatisiert, ähnlich wie der geniale Schauspieler Emil Jannings. Für unser aller Liebling Rühmann war aber nach 45 noch lange nicht Schluss.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 15:00:34Dass ein Korallenriff, so fotografiert, dass es nicht mehr als lebendes System, sondern als ,reines' Kunstwerk erscheint, einem ästhetischen Gewaltakt entspricht - sie [Riefenstahl] wird es so wenig verstehen wie ihre Bewunderer.

Diese gut formulierte Aussage ändert mal wieder nichts an der Genialität des Films. Hast du ihn gesehen?

Zitat von: filmimperator am 16 März 2008, 15:19:00
Aber wer hätte sich schon "John Rambo" angeschaut, wenn es plötzlich einen Politthriller-Plot mit viel Kritik und Hirn und wenig Action gegeben hätte? Kaum jemand.

Sicher nicht die Rambo-Fans. das macht es aber nicht besser. Nur weil es ein Actionfilm ist, muss er sich nicht einer barbarischen Gewaltverherrlichung hingeben.

Zitat von: filmimperator am 16 März 2008, 15:19:00Dass der Film in Birma verboten wurde, zeigt doch einzig die Strenge der staatlichen Zensur des dortigen faschistischen Systems.

Natürlich zeigt dieses Verbot die Strenge der dortigen Regierung. Bei einem solchen Film kann ich den Verbot aber nachvollziehen, JOHN RAMBO ist diffamierend und nutzt sein Sujet schamlos zur Gewaltorgie aus.

Zitat von: filmimperator am 16 März 2008, 15:19:00Das Wort "aufgeilen" würde ich nicht benutzen, wohl aber die Frage stellen, inwiefern die dargestellte Gewalt nur noch der reine Selbstzweck (Töten im Actionfilm ist schließlich eine Konvention) ist.

Die dargestellte Gewalt geht nicht einen Zentimeter über bloßen Selbstzweck hinaus. Daher halte ich aufgeilen für genau das richtige Wort, genau das tut der Film mit seiner Gewaltexzesse. Da soll sicher nicht zum Nachdenken angeregt werden, was man auch überdeutlich an der Publikumsreaktion im Kino sehen konnte.


@Red Shadow:

Danke für die Rückendeckung. :respekt:


Adam Kesher

16 März 2008, 18:30:14 #359 Letzte Bearbeitung: 16 März 2008, 18:36:04 von Adam Kesher
Eine interessante Debatte. Wenn ich den Begriff des Propagandafilms höre, so denke ich zuallererst an Filme mit glühenden ideologischen Bekenntnissen, die das Publikum für ihre Ideen gewinnen wollen. Das Erstaunliche ist, dass wir im Alltag geneigt sind, nur dann von Propaganda zu sprechen, wenn es um Ideen geht, die von den momentan verbreiteten besonders deutlich abweichen.

Mal so gefragt: Was ist denn ,,Das Leben der Anderen" anderes als ein Loblied auf jenen Augenblick der Geschichte, in dem unser heutiges System sich endgültig durchsetzen konnte? Was ist denn ,,Der Untergang" anderes als eine doppelt gesicherte Historienexpedition, mit der wir uns gegenseitig beweisen können, dass wir den Dämonen der Vergangenheit in die Augen schauen können, ohne ihrem Bann zu erliegen? Und was ist denn ,,Black Snake Moan" – um einmal das Terrain bundesdeutscher Geschichte und Politik zu verlassen – anderes als die alte Hymne auf puritanische Enthaltsamkeit, Familienrückhalt und Gemeinwesen? Was wenn all das nur bestens ausgeklügelte Gegenwartspropaganda ist, mit allen Tricks und Schikanen?

Das Unbehagliche an dem Gedanken: Wir scheinen so selbstverständlich davon auszugehen, dass unsere gegenwärtigen Ideen, Werte und Maßstäbe die bisher besten von allen sind, dass wir dem Irrtum aufsitzen, ihre Wahrung und Pflege sei ein propagandafreier Vorgang. Stattdessen entrüsten wir uns demonstrativ über die Meinungsmache der Vergangenheit oder fremder Länder, als ob wir derlei Methoden hinter uns gelassen hätten, und reden uns beharrlich ein, Propaganda gehöre nicht länger zu unseren Methoden. Diese stoische Verleugnung unserer eigenen rhetorischen Strategien finde ich sehr viel fragwürdiger und auch brüskierender als die inbrünstige Verkündung von abgelegten Ideologien im Film. Aus diesem Grund kann ich ,,Triumph des Willens" mit weniger Unbehagen schauen als ,,Das Leben der Anderen", denn die Stimme spricht unverstellter, selbst wenn die Parolen, die sie verkündet, mir unheimlich sind.

Wenn wir den Gegenstimmen, die uns aus jenen Filmen entgegenschallen, die wir Propagandafilme nennen, nur mit vorgefasster Ablehnung zu lauschen bereit sind, dann sind wir meiner Meinung nach von unserer eigenen Position längst so befangen und eingenommen, wie wir es den kritisierten Werken vorwerfen, und ich werde den Verdacht nicht los, dass es dabei doch mehr um die beinahe verzweifelte Zurschaustellung unserer eigenen Lauterkeit geht als um eine aufrichtige Auseinandersetzung, denn wem wollen wir ernsthaft etwas neues erzählen, wenn wir wieder und wieder betonen, dass wir zwischenzeitlich Abstand von der Idee genommen haben, Abweichler systematisch auszurotten?

Ich fände es viel lohnender, wenn wir uns mehr mit dem Gedanken beschäftigen würden, dass die Stimme, die aus diesen verpönten Filmen tönt, ebenso gut unsere eigene hätte sein können.

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