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Die letzte Sichtung: Serien & Dokus

Begonnen von StS, 21 Juli 2022, 10:11:06

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Private Joker

20 Juli 2024, 23:16:13 #90 Letzte Bearbeitung: 21 Juli 2024, 12:50:56 von Private Joker
The Acolyte (Disney+)

Kein eigener Thread ? - dann muss ich mich also hier auskotzen.

O.K., Scherz, so schlimm wird es nicht. Aber wenn Disney den Zeitgeist jetzt (auch und gleich ziemlich massiv) auf Star Wars loslässt, ist schon Redebedarf. Eine lesbische Producerin, ein hoch diverser Cast, inhaltlich aufgezogen als Konflikt zwischen dem traditionell uneingeschränkt positiv konnotierten Jedi-Orden, der hier aber als Mischung aus kanadischen Kinderdieben der 1950er und katholischer Kirche zu Inquisitionszeiten rüberkommt, versus eine Art feministisch-lesbischer Community / Hexenzirkel, das muss man alles erst mal schlucken. Und wie bei Star Trek gilt: So klar es ist, dass die "Zukunft" sich kaum nach unseren sexuellen Regeln richten wird, so wenig macht das Sinn, wenn sexuelle Diversität in oder über eine Serie gestülpt wird, in der das Wort "Sex" nie ausgesprochen geschweige denn dieser gezeigt oder auch nur angedeutet wurde (außer halt, dass da irgendwann meist undankbarer Nachwuchs auftaucht).

Lassen wir das mal ein Augenblick außen vor und versuchen, das  mal auf seine Qualitäten im Rahmen des SW-Serienuniversums abzuklopfen. Als "relativ" kleine Star-Wars- Story ohne gewaltige intergalaktische Bedrohungen oder Überfinsterlinge mit Riesenraumschiffen ist das bei mir "eigentlich" willkommen. Die Schauplätze lassen die Vermutung zu, dass da ein wenig Geld gespart werden musste - relativ wenig Statisten allerorten, kaum Weltraumszenen, und dieser Waldplanet sieht nicht wirklich echt aus. Immerhin ein nettes Wiedersehen gibt es im Locationbereich, und generell hat der Background mit den verfallenen Rittersitzen im Kontrast zum Metropolplaneten Coruscant durchaus Stil und sorgt für Atmosphäre. Als Actionhighlights gibt es neben den obligatorischen Laserschwertkämpfen (solide, aber nix besonderes) diesmal auch ein bisschen waffenloses "Jedi-Kung-Fu", mal was anderes, obwohl da nicht jeder Darsteller so gut bei rüberkommt wie Matrix-Veteranin Carrie-Anne Moss.

Das mal zur Habenseite. Weniger schön: Trotz mal wieder eher kurzer 8 Folgen a gut 30 Minuten mit reichlich Vor- und Nachspann schleichen sich Längen ein, und man hat sogar noch Zeit für zwei eigentlich überflüssige und fast inhaltsgleiche Rückblendenfolgen. Abgesehen davon, dass Rückblicke zu Lucas Zeiten noch völlig tabu waren - die beiden sind wirlich, wirklich zäh und im bisherigen Star Wars-Serienverse echte Tiefpunkte. Und noch ein Novum eher in negativer Hinsicht: Die Sache mit dem
Spoiler: zeige
großen Jedi-Gemetzel in Folge 5 ist unschön, besonderes weil da letzlich Kinder aka "Padawans" in einen aussichtslosen Kampf geschickt werden -
noch so ein Versuch, den Jedi moralisch ans Bein zu pinkeln ?

Insgesamt eine unnötig modernistische und in reichlich Details fragwürde Fußnote zur Jedigeschichte, die auch ohne große Setpieces zwar zT ganz ordentlich Star Wars-Feeling transportiert, aber generell zu viele falsche Töne anschlägt. Immerhin: Der "Fährtensucher" ist wirklich drollig. Auch deshalb mit etwas Wohlwollen dann noch 5,5/10 insgesamt.

Supacell
(Netflix)

Netflix so "Lass uns mal was mit schwarzen Superhelden, aus`er Londoner Vorstadt, ein paar Kriminelle, ansonsten halt so Typen wie Du und ich. Die sich erst noch finden müssen, um gemeinsam einen Superbösen zu plätten. Hatten wir noch nie, ist doch total zeitgemäß.". Und ich so "Und was ist mit Misfits? Oder Heroes??".

Jo, alles schon mal da gewesen. Dazu genommen, dass hinter dem Projekt ein Typ namens "Rapman" steht, der auch ein, zwei (zum Glück kurze) Musikstücke beträgt, stand das ganze bei mir hochgradig auf Bewährung (also: mal eine Folge antesten, und dann notfalls abbrechen). Aber sieh an: Letztlich doch drangeblieben. Warum? Weil das bewährte Muster trotz alledem trägt. Weil die Spannungsschraube inclusive ein paar Verschwörungen im Hintergrund langsam, aber sauber angezogen wird. Weil die Typen trotz ein paar Vorbehalten ganz interessant gezeichnet sind (sage ich gleich noch was dazu) Und weil die drei oder vier Standoffs "gute Supis gegen böse Supis" (oder auch mal "Gangs ohne Power gegen Gangs mit Power") ganz vernünftig inszeniert sind, so ein bisschen im Stil der frühen X-Men-Filme (also sich in einer Reihe gegenüber aufstellen und dann irgendwas superpowriges aufführen, so wie Blitze aus den Händen, man kennt das). Die ganz großen Highlights sind diese Showdowns zwar nicht (am besten ist noch der vermutlich budgetbedingt nur kurz angedeutete in der "Zukunft", der hat was angenehm apokalyptisches), aber sie halten die Kiste am Laufen, bis zum brauchbaren Finale, mit einer Miniüberraschung und einem soliden Cliffhanger.

Das als "All-Black-Serie" aufzuziehen, ist dagegen eine streitbare Entscheidung, zumal die Figurenzeichnung von den Gangs vielleicht abgesehen auch genausogut einen weißen Vorort wiederspiegeln könnte (Mittelklassefamily mit BMW, Kleingangster, Working Class, die Dealer-Gangs), oder kurz gesagt: Das Figurenangebot bei den erwähnten Misfits war zumindert am Anfang klar interessanter. Trotz alledem: Ganz solider Auftakt, für die eher knapp getimten 6 Folgen auch in der Hoffnung auf die notwendige Fortsetzung dann mal 7/10

Und noch mal eine so ein Blick "nebenher" - wer mal ein paar Tage krank ist und die Zeit mit eher wenig Tiefgründigem vertreiben will, kommt kaum an "The Rookie" vorbei. Allein auf ZDFNeo 73 (!) Ausstrahlungen in 21 Tagen (mal einen Autotimer gesetzt), dazu verfügbar bei Wow, Disney+ und sicher noch anderen Streamern. Ja, das ist irgendwo Fernsehen aus einer anderen Zeit, aber wer sich mal ein paar Folgen rausgepickt hat (Einstiegspunkt spielt keine große Rolle), bleibt auch meistens dran. Eigentlich ist da alles drin, was für ein bisschen Ablenkung notwendig ist - kernig-sympathische Charaktere, etwas (für eine Nachmittagsausstrahlung im ZDF sogar relativ ruppige) Action, die heute übliche Mischung aus in der Mehrzahl in einer Folge abgeschlossenen Plots und ein klein bisschen durchgehende Elemente. Leben muss man mit viel  "Cop-Romantik" - die Jungs und Mädels in Blau haben eigentlich immer recht, kommen immer rechtzeitig, bewähren sich auch schon am ersten Tag auf ihrer ersten Streifenfahrt. Ein paar Problemcops kommen wohl irgendwann auch mal dazu (u.a. Ex-Supi Brandon Routh), aber der Handlungsstrang fehlt mir aktuell noch. Kleiner Highlight-Tip: Das Finale von Staffel 5 ist zwar Quatsch pur (Maskenmänner vs. Cops), aber action- und  temposeitig so ziemlich das aufregendste, was ich seit langem aus dem Bereich US-TV abseits der Streamer gesehen habe (die Auflöungsfolge 6.1, derzeit nur bei Wow, muss dann notgedrungen leicht enttäuschen). An dieser Stelle keine Endnote (dazu fehlt mir noch zu viel), aber als "Reinkucktip" durchaus im Bereich 6-7/10.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

StS

23 Juli 2024, 10:03:09 #91 Letzte Bearbeitung: 23 Juli 2024, 10:17:37 von StS
,,Skywalkers: A Love Story" (2024) hat mich von Anfang bis Ende gepackt und bestens unterhalten – denn diese knapp 100 Minuten präsentieren einem u.a. intensive Gefühle, beeindruckende Körperbeherrschung, Risikobereitschaft, Architektur, Städteaufnahmen und (Foto/Video)-Kunst innerhalb einer Kombination aus einem ,,Thriller" über kriminelle Aktivitäten, einem spannenden ,,Heist-Movie", einem interessanten Social-Media-Persönlichkeiten-Portrait und einer bewegenden Romanze... durchsetzt mit allerlei Aktivitäten in schwindelerregender Höhe, welche die Ereignisse in dem Film ,,Fall" weit, weit in den Schatten stellen... und das in Echt, denn bei dem Werk handelt es sich keineswegs um ein fiktives, sondern um eine Doku aus dem Hause ,,Netflix", bei der die beiden jungen russischen ,,Rooftopper" Angela Nikolau und Vanya Beerkus im Mittelpunkt stehen...

Die Regisseure Jeff Zimbalist und Maria Bukhonina konnten auf viele Jahre an Bildmaterial zurückgreifen – aus dem Privatleben des Paares, von ihren Vorbereitungen auf den jeweils nächsten ,,Climb" sowie der Durchführungen der extrem riskanten Aktionen. Rasch werden sie einem sympathisch (Angela gegenüber hätte ich wohl auch mindestens einen ,,Crush" entwickelt, hätte ich sie persönlich gekannt) – und so begleiten wir sie im Zuge ihrer Beziehung sowie menschlichen und professionellen Entwicklung. Ihr großes Ziel – speziell nach dem Wegfall der Sponsoren-Gelder nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs: Als erstes den Neubau des Mega-Hochhauses ,,Merdeka 118" in Kuala Lupur erklimmen... und dort oben dann gar noch ein spektakuläres ,,i-Tüpfelchen" draufsetzen...

Man kann über die ,,Rooftopper" denken, was man will – und ja, man sieht auch zwei kurze Aufnahmen, in denen welche in den Tod stürzen – aber was Angela und Vanya geschafft und erlebt haben, ist einfach beeindruckend (manche Images und Momente verschlagen einem förmlich den Atem). Es gibt auch Streit und Panikattacken in luftiger Höhe, Fluchtbemühungen vor Sicherheitsleuten sowie (bei aller Planung) unerwartete Herausforderungen  – stets von ihren HD-Kameras festgehalten. Toll bebildert und ein feines Pacing aufweisend, ist die Doku hochwertig und effektiv gestaltet worden. Würde es sich bei dem Gebotenen um einen Film handeln, wäre ich sehr zufrieden – doch da das Präsentierte echt ist, bin ich wahrlich beeindruckt. Eine zentrale ,,Botschaft" Angelas und Vanyas kommt zwar nicht ganz rüber – alles andere aber schon... 

knappe 9/10

"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Moonshade

Vikings Valhalla : Staffel 3 (Netflix)

So Freunde, jetzt ists vorbei mit der Wikingerschlachterei: inzwischen sind ja nicht nur Vikings, sondern auch "Last Kingdom" dahingegangen (bzw. wurden abgeschlossen) und so endet nun auch der Vikings-Nachklapp "Valhalla", der ja ein flottes Jahrhundert nach den anderen Serien spielt (so ca. 1025-1035).

Auch die letzten 8 Folgen boten wieder einen flotten Bilderbogen, inzwischen sind fast alle christianisiert und die Kirche hat den Daumen drauf, ansonsten gibt es wieder flotte Meucheleien und Ränkespiele in Dänemark, Norwegen und England. In der Abteilung historische Fakten kommt es hier zum Ende von Großkönig Knut und dessen Erbfolgeregleung leitet die längeren englischen Bruderkriege ein, das passiert halt, wenn man quer durch Europa mehrere Damen gerammelt hat.
Auf der fiktiven Seite findet die Story Leif Erikssen (ok, den gab es), Freydis aus Grönland und Königsaspirant Harald ihr Ende, das bedeutet viel Spaß: da wird Sizilien belagert und Harald scheitert in Konstantinopel als Kaiseraspirant, Freydis muss sich aus Jomsburg verdrücken und legt sich mit ihrem Daddy an und Leif macht den Indiana Jones und sucht den Weg nach Amerika, indem er überall in Europa nach Geheimwissen sucht.

Ist alles schön bunt und sehr sorgfältig gemacht, allerdings ziehen sich einige Stränge etwas und das führt dazu, dass man das interessanteste an der Historie, also den Bruderkrieg samt aller Intrigen, eigentlich gar nicht zu Gesicht bekommt, als es nämlich so langsam losgeht, ist die Staffel vorbei. Auch Freydis Familienfehde wird am Ende nicht mehr ganz aufgelöst und vermutlich wollten die Macher nicht noch einmal dafür sorgen, dass einige ihrer Helden in Amerika landen, also bleibt es beim Plan.

Alles in allem wieder gute Unterhaltung mit einigen flotten Anachronismen, die nächste Serie sollte dann am besten das Gestreite, Geschnetzel und die Invasion Englands von 1040-1066 umfassen, da ist noch Potential, wenn es nach mir ginge. Solide 7,5/10
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

Moonshade

Das Decameron (Netflix)

Ist immer lustig, wenn ich mit Spaß was anfange und 20 min später bei Netflix inside quasi brühwarm lese, es sei der größte Flop seit irgendwann und man habe die Serie schon im Vorfeld auf "limited series" und damit auf Miniserien-sofort-tot runtergestuft.
Ganz im Ernst: so schlecht ist "Decameron" nun wirklich nicht, da gibt es viel größeren Mist auf Big N zu sehen, der auch mehr Erfolg hat, aber es passt nicht ins Portfolio, da muss irgendwas bei der Planung falsch bewertet worden zu sein.

Ich hab die 8 Folgen jetzt durch und hab mich über vier Tage sehr gut amüsiert, auch wenn das Ganze natürlich weder hart an der Vorlage von 1353 noch irgendwo bei Pasolinis bekanntem Werk verortet ist.
Inhaltlich hält man sich an die Grundkonstellation: drei Männer und sieben Frauen fliehen vor der Pest 1348 aus Florenz in eine Villa auf dem Land. Im Buch werden da dann über 10 Tage 100 Geschichten erzählt, das findet hier nicht statt, allenfalls sind einige Handlungsstränge vielleicht aus den Geschichten übernommen. Tatsächlich endet die Serie damit, dass die Überlebenden anfangen sich Geschichten zu erzählen.
In der Presse las mal viel vom Monty Python Stil - und ja, wer auf eine satte Farce steht, die mit MP-ähnlichem Humor angereichert ist und wie britisches Boulevardtheater gespielt wird, hat hier einen field day, ich hab mich köstlich amüsiert.
Dabei fällt das Auge automatisch auf das hochkomische Stielaugengesicht von Tanja Reynolds, die schon als Lily Iglehart "Sex Education" zu einer Tentakelsexcomedy gerinnen ließ. Ihre Mimik ist elementar für die Comedy, aber die anderen lassen sich auch nicht bitten.
Inhaltlich ist das ein Status- und Liebesreigen, angereichert mit Macht- und Sexspielchen, gerinnt dann angesichts der vorrückenden Pest und marodierenden Söldnern zu einer teilweise tödlichen Tragikomödie rund um den Sinn des Daseins, immer kurz vor dem Absurden.
Wird vielen zu unfokussiert sein und führt eigentlich auch nicht wirklich irgendwo hin, aber der Weg, den die figuren hier nehmen ist eigentlich das Ziel, wobei nach der Hälfte der Zeit sehr plötzlich eine der Figuren kommentarfrei ausscheidet (stirbt), was den Ton ein wenig schief werden lässt, aber den Weg für die zweite Staffelhälfte (die ernster und philosophischer ist) frei macht.
Tatsächlich findet die Serie mit Folge 8 tatsächlich so etwas wie ein Ende, traut sich leider nicht soweit vor, ein zeitgemäßes oder satirisches Statement zum Stand der Dinge zu machen. Was bleibt, ist leichte Kost mit einigen Spitzen und diversen Lachern, angereichert (was auch schon fast wieder abgedroschen ist) zwischendurch mit modernen Rock-, Wave- und Popsongs zum zusätzlichen Soundtrack.

Mir hat es gefallen, aber ich kann verstehen, wenn das Publikum sagt: what's the point und das alles durchfallen lässt. Bei dem generischen Serienstoff, der inzwischen aus allen Richtungen für Netflix produziert wird, ist das aber eine erfrischende Abwechslung. 7/10
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

Glod

Blue Eye Samurai : Staffel 1 (Netflix)



Ein junger Kämpfer, der aufgrund seiner gemischtrassigen Herkunft und der damit verbundenen blauen Augen im Japan der Edo-Zeit seit seiner Kindheit ein Aussätziger ist, begibt sich auf einen Rachefeldzug, um seinen Erzeugern das Lebenslicht auszublasen. Mehrzahl deswegen, weil er nicht weiß, wer sein Vater ist und deswegen alle zur der Zeit in Japan vorhandenen 4 Weißen vorsorglich dran glauben sollen.

Die Prämisse klingt ziemlich doof, aber die Serie macht in ihren 8 Folgen eine Menge daraus. Ich weiß nicht, wie realitätsgetreu die Darstellung der damaligen Epoche ist, aber es WIRKT auf jeden Fall sehr realistisch. Es ist auch keinesfalls so, dass hier einfach nur Gemetzel auf Gemetzel folgt. Die Serie nimmt sich auch einiges an Zeit für die Figuren und schafft es so, eine sehr runde Geschichte zu erzählen, die ganz offensichtlich noch weitergehen soll.

Die Darstellung ist dabei klar auf ein erwachsenes Publikum ausgerichtet. Mal abgesehen von der hinreichend ausufernden Gewalt, ist die Inszenierung von Sexualität und deren Abgründen auch nicht gerade zurückhaltend. Die thematisierten gesellschaftlichen Hintergründe sind dem jüngeren Publikum jetzt auch nicht gerade große Unterhaltungsgaranten. Ich sag mal so - ich hatte kein Problem damit, meine 13jährige mit in Deadpool 3 zu nehmen, aber für das hier ist sie definitiv noch zu jung. Und nein, die Serie ist kein Gorefest, welches eine Abartigkeit an die nächste reiht. Es ist schlicht und ergreifend Unterhaltung für Erwachsene, frei nach dem Motto "Life sucks. Get a helmet".

Die technische Umsetzung ist Güteklasse 1a. Der Detailgrad ist schlicht atemberaubend. Obwohl klar als Anime stilisiert, vergisst man mitunter, dass man einen Zeichentrickfilm anschaut, so gut ist das alles gemacht.
Die Action ist ebenfalls hervorragend choreografiert und inszeniert. Allerdings besticht die Serie eben am meisten in ihren ruhigeren Szenen, wenn man die Arbeit der Künstler richtig in sich aufsaugen kann.
"Er wird mir eine Kugel verpassen und dann Selbstmord begehen." -Nina Meyers-

"Wir passen schon auf, dass er keinen Selbstmord begeht." -Jack Bauer-

Moonshade

Perfekt Verpasst (Amazon Prime)


Deutsche Serien schaue ich eigentlich nur selten und deutsche Komödien sogar noch seltener, aber hier hab ich angesichts der Kritiken mal eine zögernde Ausnahme gemacht.
Aus nostalgischen Gründen also mal wieder die altgediente Paarung von Anke Engelke und Bastian Pastewka geschaut, für 8 Folgen sollte man das aushalten können.
Und ja - auch ohne Kenntnis der Sat1-RTL-Sitromcoms der letzten 30 Jahre - das Ergebnis ist ganz vergnüglich geworden, die Stars sind allerdings in die Jahre gekommen.
So trägt Pastewka jetzt 12-Tage-Bart zu seinem Krötenhals und bei Engelke merkt man angesichts ihrer Puttchen-Buchhändlerin-Gedächtnis-Frisur nur zu sehr, wie sich Visagisten allmählich auch an ihr abarbeiten - aber die Story von den beiden Königskindern (Sportartikelverkäufer sucht nicht, aber findet Buchhändlerin), die einander lange nicht finden, obwohl sie den fast gleichen Freundeskreis haben, funktioniert.
Der Witz ist einfach: sie begegnen sich nie - erst in der vorletzten Folge - rennen aber häufig knapp an sich vorbei oder erinnern sich wegen Drogen nicht mehr ans Gesicht zur Stimme.

Dazwischen tummeln sich vielerlei wilde Figuren, Engelkes genervte Verkäuferkollegin, der neu-schwule Großpapi, die polyamouröse ältere Tochter Pastewkas. Dazu kommt bei ihm noch eine gescheiterte Ehe, eine traumatisierte jüngere Tochter und ein Hund, der ihm am ersten Abend bei sich wegstirbt. Derweil hadert Engelke mit ihrer unzufriedenen Kodderschnauze und dem Literaturerfolg einer alten Bekannten, die inzwischen zur halben Erzfeindin stilisiert wird.
Am meisten profitieren wird von den flotten zusammen 240 Minuten vermutlich der Schauplatz Marburg, ein malerisches Örtchen, welches meist so alteingesessen-grün-sonnenbestrahlt-superclean daherkommt, wie es sonst nur "Bridgerton" mit dem London von 1815 durch CGI geschafft hat.

Nette Sache, leichte Feierabendkost, wenig Peinlichkeiten. 7/10
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

Private Joker

Perfekt verpasst hat mir Amazon auch mal ungefragt untergejubelt, nach dem Ende von "Jackpot". Jo, irgendwo mag ich den Pastewka ja (der Mitschnitt von dem Kölner Konzert, das aus seinem Krimipodcast entstanden ist, ist wirklich grandios), aber im TV spielt der halt irgendwie immer sich selbst. So gesehen war die "Pastewka"-Serie die perfekte Umgebung für ihn; hier in der (schönen) Kulisse von Marburg fand ich das eher selbstreferenziell und bis einschließlich Folge 2 wenig zielführend. Aber trotzdem ganz nett und sicher ein brauchbarer Lückenfüller.

Aber weswegen ich eigentlich hier bin:

Red Eye (Netflix)

Vom Streaming-Marktführer zugekaufter gradliniger Brit-Thriller, von der Fachkritik eher maßvoll begeistert aufgenommen, die statt dessen lieber Apples "Hijack" empfiehlt. Meine ganz unfachkritische Meinung: F... Euch und behaltet ihr den Elba, ich nehm den hier. Warum ? Ganz einfach, weil das ein mätzchenfreier, altmodischer Nägelkauer ist, wie ihn vorrang nur die Briten hinbekommen. Straff inszeniert, stimmungssteigernd in einem echten Flugzeug gedreht (habe ich gelesen), über gut getimte 6 Folgen längenfrei und mit genau so vielen Twists, das es einen auch nicht stört, dass die meisten vorhersehbar sind. Aber halt auch nicht alle.
Was den "Realismusfaktor" angeht, der mir Hijack zT verleidet hat: Ja - o.k, auch hier muss ich nicht alles glauben. Ein Flugzeug, das quasi zum fliegenden Leichenhaus wird, ohne (freiwillig) umzukehren? Nun gut, das wird politisch begründet, kann plausibel sein, oder auch nicht. Kleine Hunde in der Kabine? Gift im Essen, wo man es auch gleich ins Getränk schütten könnte? Tote, die innerhalb von wenigen Minuten im Flugzeug nicht nur getötet werden, sondern kurz davor auch noch gefoltert und verhört (Schreie, anyone?). Alles grenzwertig, aber nie komplett drüber. Und es ist und bleibt natürlich eher eine Thriller-/Krimifantasie als ein beinhart realitätsnaher Flugzeugfilm Marke "7500". Klar, das galt für Hijack irgendwo auch, aber der hat ständig so getan, als wäre müsste man den Quatsch mit dem Entführer-Einflüsterer wirklich glauben, die Attitüde fehlt hier erfreulicherweise komplett.

Also: Fans von "Night Agent" sollten einen Blick riskieren, die schöne alte Formel "Guter Typ+Nette UND toughe Lady gegen alle dunklen Mächte dieser Welt, incl. CIA, MIxy sowie vielleicht die Chinesen" feiert ein paar überraschende/erfreuliche Comebacks. Und Armitage geht sowieso immer.

Vermutlich abgeschlossen, schade eigentlich, davon würde ich auch noch eine Staffel nehmen, auch wenn da eigentlich nichts offen bleibt. 7,5/10.

Warrior (Wow)

Eine der Stiefkinder des modernen TV, mit Senderwechseln und Absetzungen/Doch-Verlängerungen. Gerade deshalb reizt es mich, da noch mal ein bisschen Werbung für zu machen, auch wenn nicht so viele "Wow" haben dürften und es selbst dort nicht durchgehend abrufbar ist.

Als Mischung aus "Kung-Fu"-Reboot, natürlich um Lichtjahre zeitgemäßer, mit der - zusammen mit "Gangs of London" - härtesten Action des aktuellen TV schon relativ speziell. Trotzdem gibt es wenige Serien, die politisch-"woke" Botschaften und knallharte Fights so gut unter einen Deckel bekommen haben. Manches mag streitbar sein; das Großaufgebot von "Bad White Men" - historisch sicher nicht völlig herbeifabuliert - kann und soll nach dem Willen der Macher natürlich Sympathie für die chinesischen Figuren erzeugen. Die bei ganz objektiver Betrachtung auch "nur" Verbrecher sind, Tongs und Gangs, Kriminelle in einem Land, das sie "eigentlich" vielleicht nicht mit ganz weit offenen Armen, aber immerhin ohne Wenn und Aber aufgenommen hat. Vielleicht konnten sie nicht anders, wurden von den Umständen in die Richtung getrieben - die Serie stellt das in den Raum und ich wage auch nicht komplett zu widersprechen. Aber trotzdem, so ein Geschmäckle bleibt..

Was nichts daran ändert, dass das für Actionfans einer der wenigen verbliebenen Kracher ist, harte, blutige Kämpfe mit Leuten, die das wirklich können (Taslim, vor allem) und das in angemessener Zahl und Timing pro Folge. Und im Gegensatz um Mohrhuhnschießen bei den späteren "Strike Back"-Staffeln von dem gleichen, mittlerweile abgewickelten Label "CineMaxx" sogar durchweg spannend, weil es halt auch um etwas geht und die Bösen nie nur Kanonenfutter sind. Wer danach sucht, wird auch einige Folgen finden, die hübsche Referenzen zu "Kung Fu" enthalten, dem entfernen Verwandten nach den "Writings of Bruce Lee".

Das vermutliche Ende mit Staffel 3 ist übrigens sagen wir mal "halb abgeschlossen", wenn es jetzt wie wohl feststeht doch nicht mehr weitergeht, kann man damit gut leben. 8/10, trotz ganz kleiner Bedenken gegen die "Message".
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Newendyke

Terminator Zero (Netflix)

Also wieder Judgement Day, also wieder die Zukunft, und das auf ein paar Zeitebenen, die gar nicht mal so schlecht die Handlungsstränge zusammenführen. Auf der einen Seite das franchise-typische Katz und Maus-Spiel zwischen Terminator und Gejagten / Beschützern und andererseits der Dialog zwischen Programmierer und dessen Skynet-Konter-KI. Letzteres läuft auf so Meta-Pseudo-philosophischem Zeugs raus, das man "gerne" in Sci-Fi-Animes unterbringt, wird aber dann doch sehr zweckdienlich am Ende aufgelöst.
Viel interessanter waren dann die kleineren twists in den letzten beiden Folgen, wobei keiner soooo unvorhersehbar war. Kann man alles als weiterführende, aber doch eigenständige Geschichte im T-Universum mitnehmen, macht aber auch nicht so viel Neues draus, was ich eigentlich erhofft hatte; man bleibt im Großen und Ganzen der bekannten Formel treu.

Mal abwarten, ob es eine Fortsetzung geben wird.

6/10


"Ich will jetzt nichts mehr hören, von wegen keinen Job, kein Auto, keine Freundin, keine Zukunft und keinen Schwanz." (der Meister - Gran Torino)

PostalDude

7 September 2024, 14:13:52 #98 Letzte Bearbeitung: 7 September 2024, 14:18:25 von PostalDude
Im Laufe des letzten Jahres gesehen, oft vor der Spätschicht noch 2 Folgen:

Hör mal, wer da hämmert: Die komplette Serie



Ich kann jede Folge mitsprechen, ich liebe jede einzelne Folge, einfach die beste Serie! ♥
Mehr Power! ARR! ARR! ARR!  :happy2:

5/5

Moonshade

My Lady Jane (Amazon Prime)

Das Wichtigste vorneweg: kaum war die Serie endlich veröffentlicht, war sie von Prime auch schon gecancelt, das ging in wenigen Tagen.
Daher gibts nur 8 Folgen und ja, das Ende ist relativ offen - da hatte man sicherlich was für 3-4 Staffeln mit vor, denn schließlich basiert der Kokolores auf einer Buchserie.

Also: Jane Grey vs. Mary Tudor, Lizzibeth die Erste noch auf der Ersatzbank, die 1550er Jahre. Das Ganze aber nicht todernst, da ist Jane Grey immer gleich tot, sondern auf "Bridgerton" gemacht. Also mit Lachern und Trotteln und Karikaturen als Nebenfiguren. Die inzwischen etablierte Präsentation aller möglichen freunldichen Hauttöne hat man dort auch entnommen. Dazu natürlich reichlich Romantik und ein paar Bettszenen von sehr jungen, ordentlichen Darstellern.
Das könnte klappen, aber nein, wir mischen da noch eine Fantasykomponente rein: es gibt rein menschliche Briten (Veritaner) und Mischwesen (Ethyaner), die sich in ein Tier (aber nur ein bestimmtes jeder) verwandeln können.

Der Clou an der Sache ist keiner: natürlich herrscht britisichen KÖnigshaus Machtkampf galore und die Mischwesen müssen ganz dringend ausgerottet werden, weil...hab ich nicht verstanden, ist auf jeden Fall eine Methapher auf andere Religionskonfessionen und wer 10 Cents weiterdenkt ist dann auch beim LGBT+ Thema.

Das wiederum wird gar nicht richtig aufgedröselt, wieso es überhaupt diese Mischwesen gibt und wo das Problem ist. Stattdessen wird die zweite Staffelhälfte zu einem Showcase an platt-albernem Overacting durch die Mary-Tudor-Grimassenzieherin, die um Haaresbreite bei Alice im Wunderland und Monty Python anfangen könnte.

Noch Streusel?
Na klar, zwischendurch gibt es moderne Popsongs aus den 80ern und 90ern in neuen Fassungen, wo hab ich das bloß schon...

Also finito: das alles ist ein Flickenteppich an bekannten Ideen und trotz einiger netter Gags ist die zweite Staffelhälfte eine ziemlich öde bis klamaukige Angelegenheit und kann die Frische der Auftaktepisode leider nicht mehr erreichen.
Dass man die Serie gekippt hat, für mich kein Problem, da wiegen dramaturgische Faustpfände wie 1899 oder Archive 81 schwerer mit der Cancellation.
Kann man natürlich trotzdem gucken, aber spätestens bei dem adrett nach oben brennenden Scheiterhaufen in Episode 8, der mit den CGI-Flammen, ist Schluss mit lustig. 4/10
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

Glod

TSCHUGGER (WOW)

Ich weiß gar nicht recht, wie wir darauf gekommen sind. Auf jeden Fall eine volle Empfehlung. In der Zusammenfassung bei WOW liest man was von einem "walisischen" Polizisten. Anschließend muss man erstmal 5 Minuten auf den schweizerischen Dialekt klarkommen und wundert sich, was das mit "Wales" zu tun haben soll, bis klar wird, dass der Kanton gemeint ist.  :lol:  :happy:

Jedenfalls...was soll ich sagen? Der schweizerische Eberhofer auf asozial. Man kann das gar nicht richtig beschreiben. Die hauen die Dinger derart furztrocken raus, dass es eine Schau ist. Dazu der Dialekt und die ganze schweizerische Attitüde - es ist der Hammer. Ich hab mich fast weggeschmissen, als am Ende der ersten Staffel so ganz nebenbei eingestreut wurde, warum die von der Inneren überhaupt in dem Revier aufgetaucht ist. Ganz groß.

Die erste Staffel hat 5 Episoden zu je knapp 25 Minuten. Das lässt sich also ganz bequem wegsnacken. Die Handlung geht hier aber noch weiter bzw. wurde jetzt ein Tor zu größeren Events aufgestoßen. 3 Staffeln sind auf WOW verfügbar. Ansonsten ist das eine Produktion vom SFR. SFR Mediathek

Wer mit Eberhofer was anfangen kann, sollte hier ganz dringend reinschauen. Der Dialekt ist zwar etwas anstrengend und das Ganze klingt, als hätten sie es noch mal nachsychronisiert. Ist aber völlig egal, denn die Sause rockt ordentlich.  :dodo:  :pidu:
"Er wird mir eine Kugel verpassen und dann Selbstmord begehen." -Nina Meyers-

"Wir passen schon auf, dass er keinen Selbstmord begeht." -Jack Bauer-

mali

Auf Netflix steht als Option Deutsch und Schweizerdeutsch - das hat mich nachhaltig abgeschreckt reinzugucken :-)

Tatsächlich kann ich auch mit diesen ganzen Kartoffelknödeldödel-Filmen wie Eberhofer, Kluftinger... etc. nichts anfangen.

Glod

Zitat...Auf Netflix steht als Option Deutsch und Schweizerdeutsch - das hat mich nachhaltig abgeschreckt reinzugucken :-)...

Ich wusste gar nicht, dass das auch auf Netflix ist. Da müsste ich direkt mal schauen, was wir auf WOW schauen. Denn einerseits ist der Dialekt dort schon ziemlich heftig, aber andererseits stehen in den Zeitungen  Schlagzeilen, die - falls so ausgesprochen - mich komplett ratlos zurücklassen würden.
Also kann schon gut sein, dass wir die "deutsche" Version sehen, was dann auch den merkwürdigen Anschein der Nachsychronisierung erklären würde.
"Er wird mir eine Kugel verpassen und dann Selbstmord begehen." -Nina Meyers-

"Wir passen schon auf, dass er keinen Selbstmord begeht." -Jack Bauer-

StS

12 September 2024, 09:24:16 #103 Letzte Bearbeitung: 12 September 2024, 09:26:05 von StS
In Season 2 von ,,Troppo" kehren Nicole Chamoun und Thomas Jane (welcher bei 2 der 8 Episoden überdies Regie führte) als Privatermittler-Duo auf die Bildschirme zurück: Es wird einem neuen (Mord-)Fall nachgegangen... parallel dazu entfalten sich weitere Handlungsstränge, von denen einige noch offene aus S1 gut fort- (sowie auch zu Ende) geführt werden... zusätzlich zu vertrauten Nebenfiguren und Darstellern (unter ihnen Radha Mitchell und Simon Lyndon) tauchen eine Handvoll neue auf (von denen mir Miah Madden am besten gefiel)... die Atmosphäre ist weiterhin markant von dem Klima, den Tieren und den Landschaften der betreffenden Region Australiens geprägt und das Tempo ist auch dieses Mal nicht höher als zuvor. Die beiden Leads machen ihre Sache prima, die Entwicklung ihrer Charaktere wusste mir zu gefallen und über die mauen CGI-Flammen unmittelbar zu Beginn konnte ich angesichts des ansonsten ordentlich umgesetzten Rests ohne weiteres hinwegsehen...

Kurzum: S2 bietet einem genauso bodenständig-solide Genre-Kost wie S1. Gegen eine dritte Staffel hätte ich nichts einzuwenden...

5/10
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Glod

Tschugger Staffel 3 (WOW)

Nachdem ich bestätigen kann, dass die Originalfassung von Tschugger ein vollkommen unverständliches Kauderwelsch ist (  :lol: ), komme ich nicht umhin, auch der dritten Staffel stehenden Applaus zu zollen. Was die hier wieder raushauen, spottet jeder Beschreibung. Immer wenn man denkt, jetzt hat man alles gesehen
Spoiler: zeige
 wird ein Baby am Seit in den Gulli gelassen, um da via Greifreflex einen abgeschnittenen Finger wieder zu beschaffen
. Und das alles mit dieser der Serie so typischen "Komm ich heut nicht, komm ich morgen"-Attitüde bei gleichzeitiger Bekenntnis zum völligen Wahnsinn.  :pidu:
Aktuell kenne ich wirklich nix Vergleichbares zu dieser Sause aus dem Nachbarland. Wie immer ist natürlich alles Geschmackssache, aber wer kann sollte unbedingt testen, ob er zur Zielgruppe gehört.

Im Gegensatz zu den Eberhofer-Filmen ist das hier auch kein Schaulaufen von Schablonen-Charakteren mit ein bisschen Ermittlungsarbeit nebenher. Der Fall nimmt gefühlt 90% der Zeit ein. Und irgendwie sind immer alle Figuren zum Schluss darin verwickelt - auch die, die meinen sie wären ein Werwolf.  :dodo:
"Er wird mir eine Kugel verpassen und dann Selbstmord begehen." -Nina Meyers-

"Wir passen schon auf, dass er keinen Selbstmord begeht." -Jack Bauer-

Moonshade

Nobody wants this (Netflix)

Wenn das Feuilleton schon mal RomCom-Unterhaltung positiv bespricht, schau ich gern mal rein und die 10 Folgen "Harry und Sally"-Update - 35 Jahre später, aber immer noch nicht formschön passend - "Nobody wants this" sind auch rundum gelungene Unterhaltung, ohne allzu platt zu sein.
Es ist auch nicht rasend originell, aber die Konstellation, also das Zusammentreffen zwischen einer nicht eben durchgehend hellen Sex-Podcasterin mit Beziehungsschwäche und einem ziemlich schnuckeligen Rabbiner auf dem Weg nach oben hat genug kontroverse Gegensätze, um 10x30 Minuten mit jüdischen Stereotypen und latent affektiertem Sex-and-the-City-Geknödel aufzufüllen.

Adam Brody darf dabei den niedlichen "heißen Rabbi" Noah geben, der gerade seiner perfekten jüdischen Verlobten den Laufpass gegeben hat, weil sie den Verlobungsring beim Aufbrechen seiner privaten Schubladen gefunden hat, was dennoch niemand in dieser Klischeefamilie versteht. Natürlich darf die Neue nicht Nicht-Jüdin sein, aber Kristen Bells Sexpodcasterin Joanne ist sogar gar nichts, weder hat sie einen Glauben, noch ist sie rasend intelligent, aber zum Glück auch nicht so oberflächlich, dass es schmerzt, aber immerhin mit ausreichend Humor gesegnet. Den hat sie auch nötig, denn je länger die Romanze dauert, desto mehr leidet ihr Broterwerb darunter, weil es keine irren Dategeschichten mehr gibt. Da ist alles drin, vom Humor einer Miss Maisel bis Woody Allen und wer auf schnieke Outfits steht, darf der (imho unglücklich) gelifteten Bell post-kopfgeldjäger im Sarah-Jessica-Parker-Modus zuschauen.
Das Faustpfand der Serie sind mal wieder die Nebenfiguren, Noahs etwas grob gestrickter 2m-Bruder Sasha und Joannes Schwester Morgan, die nun wirklich keinen Fick auf nichts gibt und so wirklich auf die ersten drei Blicke als hohler Kleiderständer daherkommt, was aber auch wieder nicht stimmt.

Manches ist wirklich etwas over the top, etwa wenn Bell mit einer Prosciutto-Platte bei den Schwiegereltern aufläuft und angeblich nicht weiß, das das Schweinefleisch ist - und als schnittige Wendung die Harpyenschwiemu in spe das nach Wutanfall heimlich in der Küche auch noch aufisst.

Ist bereits für Staffel 2 verlängert, hat aber auch gut seichtes Abendunterhaltungspotential mit einigen Lachern, wenn auch keine absolute Offenbarung. Würde ich aber wieder schauen 7,5/10
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

Stefan M

Diplomatische Beziehungen

Diese Serie hat erst vor kurzem ihre zweite Staffel auf Netflix bekommen - und ich kann sie allen wärmstens ans Herz legen. Keri Russell spielt die frischgebackene US-Botschafterin Kate, die sich im Polit-Haifischbecken durchsetzen muß. Gleich ihre erste Aufgabe ist dabei eine äußerst heikle Angelegenheit: Ein britischer Flugzeugträger wurde bombardiert, und weil die Stimmung in Großbritannien entsprechend sehr angespannt ist, wird sie nach London geschickt, um die Lage zu beruhigen. Mit im Gepäck hat sie dabei auch ihren Ehemann Hal (Rufus Sewell), der politisch sehr gut vernetzt und eigentlich der geborene Diplomat ist, es sich aber mit zu vielen Leuten verscherzt hat, weshalb er nur noch im Hintergrund agiert (auch wenn er das gar nicht möchte, was immer wieder zu Spannungen in der vor allem vom Gatten sehr offen geführten Ehe führt).

"Diplomatische Beziehungen" ist dabei über weite Strecken mehr Komödie denn Thriller oder Drama und hat seine große Stärke in den ungemein geschliffenen Dialogen. Tatsächlich fehlen richtige Schauwerte beinahe völlig, dafür sieht man den Figuren beim permanenten Reden zu. Das erfordert enorme Aufmerksamkeit, um bei den ganzen Namen mitkommen zu können (teilweise habe ich mich zugegebenermaßen etwas überfordert gefühlt), lohnt sich aber, weil die Serie von vorn bis hinten passend besetzt ist. Russell ist großartig in der Hauptrolle, auch wenn Sewell mit seinem rauhen Charme wahrscheinlich mehr noch zum Publikumsliebling taugt. Im Hintergrund mischen Kates Mitarbeiter mit, darunter ihre rechte Hand Stuart und die Londoner CIA-Leiterin Eidra, die heimlich eine Beziehung miteinander führen, was natürlich immer wieder eine Rolle spielt.

Ich will gar nicht zu viel verraten - kann ich auch gar nicht, weil es sich um eine sehr vollgepackte Serie handelt -, aber dicke Empfehlung. Gleichzeitig hat Staffel 2 den wohl herrlichsten Cliffhanger seit langem zu bieten, weshalb man fast ärgerlich ist, daß man nun wieder monatelang auf die bereits sicher geplante dritte Staffel warten muß.
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

Private Joker

Achtsam Morden (Netflix)

Wer wie ich und vermutlich viele andere das deutsche Serienschaffen vorzugsweise mit seinen ungezählten Provinzpolizisten oder contrafaktisch nur von Gutmenschen bevölkerte Anwaltskanzleien nicht mehr oder besser noch nie sehen konnte, findet bei den Streamingdiensten ,,natürlich" bessere Varianten wie ,,Kleo" oder den hier. Nur, um mal Mini-Mathematik zu betreiben, wenn man den Rest mit ,,0" bewertet, dann ist auch ,,dreimal besser" immer noch ,,Null".

Hier gibt es zunächst mal ganz knusprig anmutende 8 Folgen a 30 Minuten mit einem netten Setting. Gerade die Szenen in der Anwaltskanzlei Marke ,,Raffke, Gierschlund und Partner" sind eigentlich ganz gelungen - da schimmert eine von einem Insider geschriebene Vorlage durch, hätte man gerne mehr von gesehen. Der zentrale Gimmick mit der Achtsamkeitschule haut dagegen nicht um, wird auch relativ fix in Rückblenden/Inserts verlagert, was eigentlich schade ist. Und die Idee verbindet sich auch eher schlecht mit dem zentralen Mordelement – warum zum Geier der Protagonist ,,achtsam" zum Schwerverbrecher wird und bei seiner Morderei gerade mit einem Clanboß anfängt, an dessen Rockschoß dutzende hochgefährliche Zeitgenossen hängen, ist selbst für eine milde Satire maßvoll plausibel. Klar, die erwartbar putzigen Szenen werden dabei generiert, die Randfiguren sind hinreichend schräg – kriminell-komische Osteuropäer sind da generell so am Rande dessen, was die politische Korrektheit heutzutage gerade so erlaubt (realitätsnähere Konstellationen wie Araber wären wohl nicht durchgegangen). Aber insgesamt schon ordentlich zusammen gecastet – Schilling geht klar, Cox in einer überschaubaren Rolle auch. Allerdings ist das heutzutage kein ganz gutes Zeichen mehr, wenn die Handlung im Wesentlichen durch einen Erzählbär vorangetrieben werden muss.

Kommt insgesamt nicht so recht auf Touren. Trotzdem natürlich mehr als 0 Punkte, irgendwo auch relativ sympathisch - so um 5-6.

The Veil (Disney+)

Stephen Knight + Elisabeth Moss, da läuft dem versammelten Feuilleton gleich das Wasser im Mund zusammen. Ich konstatiere da eher mal: Schon wieder zwei unterschiedliche Frauen, die mit- oder gegeneinander arbeiten, sinistre Mächte auf ihren Fersen, so ein bisschen Verschwörung, ein klein wenig Action auf dem Weg, alles leider etwas zu oft gesehen und auch nicht wirklich aufregend. Dabei beginnt das eigentlich gar nicht so schlecht, mit einem differenzierten Blickwinkel auf die Krisengebiete im nahen Osten, den man in der Form gar nicht so oft zu sehen bekommt.

Was dem für mich den Zahn zieht, ist die für mich und ich denke auch objektiv ziemlich schreckliche letzte Folge, bei der ich spoilerfrei kaum aufzählen kann, was da alles schiefläuft. Aber da werden neue Figuren reingeworfen, die viel dummschwätzen, fix wieder abtreten und auch das Schicksal der zwei Protagonistinnen wird eher unbefriedigend und arg unspektakulär aufgelöst. Am Ende fragt man sich schon, wozu man sich da die ca 250 Minuten zuvor angesehen hat.
Strafverschärfend bei der ganzen Kiste kommt für mich dazu, dass ich nicht eben Mitglied im Moss-Fanclub bin, ähnlich wie Redmayne im Schakal lässt die eigentlich ständig erkennen, für was für eine tolle Schauspielerin sie sich hält. In der Summe relativ subjektive 4/10 – eine Fortsetzung wird es da wohl eher nicht geben, zumindest nicht für mich.

Und noch so ein paar Kurzeindrücke und Fortsetzungen:

Ark Staffel 2 – more oft the same, immer noch keine ,,gute" Serie im klassischen Sinn. Wobei die Technik (also die Außenaufnahmen der Raumschiffe) mittlerweile ganz brauchbar aussieht, dafür geriet die Handlung sogar noch etwas soapiger. Auf niedrigem Niveau einnehmend ist immer noch die ordentliche Verbindung von seriellen und prozeduralen Elementen - am Ende der meisten  Einzelfolgen wird eigentlich ganz gut Neugier auf die nächste geweckt. Auf die Gefahr, da eingefleischte ST-Fans zu verärgern, das ist mir allemal lieber als der wirklich extreme Einzelfolgenansatz von "Strange New Worlds"; nur die gleich zwei Cliffhanger am Ende von Folge 12 im Hinblick auf eine bisang unbestätigte dritte Staffel sind schon kräftig albern. Immer noch objektiv mäßige 4,5/10, aber immer noch plus einem Guilty-Pleasure-Punkt.

Safe (Netflix) Noch ein "Harlan Coben", im englischen Setting und mit dem US-"Dexter" eher strange besetzt. Wer die vom Autor gerne angebotene Machart "Krimi mit einem Twist pro Folge" schätzt, wird ordentlich bis gut bedient, ich fand es etwas ermüdend und habe auch nicht jederzeit alle Fäden zusammenbekommen, weil das eher als Pausenfüller bei mir lief. Coole Songs am Anfang/Ende ("Glitter and Gold" von Barns Courtney, der in einer gerechten Welt ein Superstar wäre, wenn's jemand interessiert). Irgendwo solide, aber wenig mitreißend - 6/10.

Informant – Angst über der Stadt (ARD): deutsches Remake einer britischen Serie, was selten so richtig gut funktioniert. Da mischen sich brauchbare Szenen mit seltsamen (zB die mit der jungen Ermittlerin und der Prostituierten), viele Figuren sind sehr ,,deutsch" (vor allem die Vorgesetzten/Kollegen) und die ganze Nebenhandlung um die Nazitruppe ist eher hinderlich. Das häppchenweise reingeschnittene Finale ist für mich ebenso wenig eine gute Idee wie die Auflösung generell. Letztlich eher flauer Durchschnitt – weil die Sichtung schon ein paar Tage her ist, lege ich mich aber mal nicht mehr auf eine genaue Punktzahl fest.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Private Joker

24 November 2024, 14:42:42 #108 Letzte Bearbeitung: 24 November 2024, 14:50:23 von Private Joker
The Miniaturist - Die Magie der kleinen Dinge (ARD/Mediathek)

Schon etwas ältere Mini-Mini-Serie, de facto eher ein überlanger TV-Film (ca 150 Minuten). Und damit auch aus der Zeit, als man bei "Kostümrolle, weiblich, mystisch angehaucht" fast automatisch bei Frau Taylor-Joy angerufen hat.

Contratitulär leider eher mit wenig Magie, obwohl dieses Miniaturhaus erzählerisch und optisch eine nette Idee ist - die Inspiration hatte sich die Buchautorin wohl in einem niederländischen Museum geholt. Aber letztlich bleiben der titelgebende Gimmick und die Haupthandlung eher maßvoll verbunden, inhaltlich wie personell (ohne das zu vertiefen, wären da sicher einige Optionen auf dem Tisch gelegen, die überraschend eintreffenden Miniaturen mit der Haupthandlung zu connecten).

Womit wir beim Kernpudel oder Pudelkern sind, dem zentralen Thema, da sind alle Reaktionen von "ist ja historisch und generell wirklich interessant" bis "och nee, nicht schon wieder" möglich. Ich setze das mal in Spoiler, obwohl man eigentlich auch relativ schnell ahnen kann, worauf das hinausläuft.
Spoiler: zeige
 Natürlich ist Homosexualität in den Dark Ages ein real eher tragisches Kapitel - sofern mit dem unvermeidlichen Ende minimal ein Kopfschütteln erzeugt werden sollte, gelingt dies natürlich schon. Die Serie ist jetzt (trotz der Figur "Otto", die das ganze dann doch ein wenig überfrachtet) nicht darauf angelegt, sich da einfach und ohne jeden Sachgrund einen historischen Cast farbenblind aus dem Angebot der Schauspielagentur "Divers, Queer und Co" zusammenzustellen. Auch insofern o.k, als die Hauptfigur nicht als reines Opfer einer intoleranten Zeit dargestellt wird, der bringt durch seine eher unklug mit einem sagen wir mal vorsichtig "Lustknaben" statt einer "echten Liebe" ausgelebten Neigungen immerhin auch die ganze Familie in Gefahr.
Trotzdem: Ich hätte mir die "Serie" vielleicht noch einen Tick vielschichtiger gewünscht, eine echte Überraschung, eine Krimihandlung, ein bisschen mehr von der versprochenen "Magie" vielleicht; aber dafür ist letztlich die Laufzeit auch zu kurz. Insgesamt aber gediegen gemacht, schön ausgestattet und mit Taylor-Joy auch durchaus passend besetzt, obwohl die für die in der Figur angelegte Wandlung zur starken Geschäftsfrau letztlich ein paar Gesichtsausdrücke zu wenig mit an den Set gebracht hat. Damit für mich leicht über den eher flauen Durchschnittsnoten, die die sich bei Ofdb/Imdb abgeholt hat, so um 6/10.

Treason
(Netflix)

Auch das keine ganz topaktuelle Serie, aber trotzdem: Cox, Kurylenko, Hinds, Chaplin - wie konnte mir die mit  DEM Cast entgehen ? Zumal solche Agenten-Miniserien schon traditionell eine absolute Kernkompetenz des britischen TV darstellen.
Und es wird geliefert - auf knapp geschnittenen 6 Folgen ist da alles drin, was ich vom Genre erwarte: Verschwörungen in hohen und höchsten Kreisen, ein paar kleine Twists, langsam, aber deutlich anziehende Spannung und etwas Action vor allem in den finalen Folgen. Topbesetzt sowieso, ich sagte es ja schon, wobei Cox da tatsächlich für mich besser rüberkommt als in seiner Signaturrolle als Wageteufel. Einzig das Casting von Hinds hat natürlich einen heftigen Pferdefuß - dass der nicht vorbeischaut, um sich in Folge 1 aus der Handlung schreiben zu lassen, ist leider allzu klar. So ist das Ende dann auch vielleicht einen ganz kleinen Tick zu glatt für absolute Höchstwertungen, aber mehr als nur solide 7,5/10 sind das allemal.

The Stranger / Ich schweige für Dich
(Netflix - völlig sinnfreier deutscher Titel, btw).

Der oder genauer gesagt "mein" Harlan Coben der Woche. Kurz hinter "Safe" gesehen fällt schon auf, das der thematisch auch nicht gerade sehr breit aufgestellt ist; schon wieder ermittelt ein mindestens mittelschichtiger Familienvater irgendwelchen mysteriös verschwundenen Familienmitgliedern hinterher, eine Teenieparty gerät außer Kontrolle, und es enthüllen sich in seinem Umfeld düstere Geheimnisse im Dutzend billiger.

Wer die Machart noch sehen kann, wird hier aber besser bedient als bei "Safe". Weil besser, auch schauplatzgerechter besetzt u.a. mit Armitage, Stephen Rea, A.S. Head (letzterer gut gehalten, btw), und mit ein paar klar definierten Spannungsspitzen. Eindeutiger Höhepunkt ist in dieser Hinsicht Folge 7, also eine vor Schluss, da geht die Post ganz gut ab. Wogegen das eigentliche Finale dann leicht enttäuscht, vor allem, weil da mindestens zwei offenen Flanken in dem fast schon absurd komplexen Konstrukt bleiben:
Spoiler: zeige
 die ein paar Folgen zuvor zu sehende "Brückenszene" mit der Ehefrau wird nicht aufgelöst; und das Selbstjustizopfer am Ende dem korrupten Cop in die Schuhe zu schieben, kann eigentlich nicht funktionieren, da der zu diesem Zeitpunkt schon längst in Haft ist.

Trotzdem: Insgesamt ganz knackig, vor allem die Kiste mit dem korrupten Cop sorgt für ordentlich Spannung. Höchstnoten wird mir diese "Minimum zwei Twists/Folge-"Masche nicht mehr entlocken, aber für 6,5/10 reicht es dicke.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Private Joker

7 Dezember 2024, 14:03:11 #109 Letzte Bearbeitung: 8 Dezember 2024, 01:16:55 von Private Joker
Grotesquerie (Disney+)

Vorweg eine sehr allgemeine Spoilerwarnung - hierzu kann man unmöglich etwas sagen, ohne das Gesamtkonstrukt in irgendeiner Form wenigstens ansatzweise zu spoilern. Und weil ich nicht komplett in "schwarz" schreiben mag: Wer sich das noch zeitnah ansehen will, lieber gleich zum Fazit springen, drei Absätze weiter.

Kurz nach "Sugar" also der nächste Kopfschüttler mit Ansage und "Megatwist". Und, entsprechend vorgewarnt, habe ich unterwegs tatsächlich gedacht "das kann doch alles nicht wahr sein". Passend zum Titel gibt es eine Reihe von grotesk-ekligen Morden, handgestoppt sind wir am Ende von Folge 2 bei 20 eher mehr als weniger unappetitlich drappierten Leichen. Dazu strange Figuren wie der "Nurse from Hell", einer Stöckelschuhnonne und dem Selbstgeiselungspriester; und irgendwann fragt man sich schon, wer zum Teufel die Ermittlungen in einem derart irren Fall allein einer alkoholkranken Polizisten in deutlicher Pensionsnähe mit einem ganzen Rucksack von Problemen überlässt. Immerhin: so ein oder zwei Folgen, vor allem in denen am "Höllenschlund" funktioniert das Konzept zumindest mal atmosphärisch, da ist man in der Serie sogar kurzfristig "angekommen".

Das endet allerdings ganz fix mit Folge 7, in der allen Sinnfragen zusammen mit der Rest-Spannung großräumig der Stecker gezogen wird - und hier muss ich dann wohl oder übel wohl doch:
Spoiler: zeige
 Alles nur ein Komatraum der Hauptfigur, na toll. Damit kann man sich natürlich alle Beckmesser wie mich vom Halse schaffen, jedwede Frage nach Logik, Sinn, Ästhetik, Täter, Opfer, Motiv und "wie kann ein Mann alleine das schaffen" erledigen sich mit einem Schlag. Mit der Konsequenz allerdings, dass wir 6 Folgen= 5 Stunden letztlich eine Nichthandlung gesehen haben, von der realiter eine überforderte Polizisten übrig bleibt, die einem Missbrauchsopfer nicht rechtzeitig geholfen hat, eine Affaire mit dem Mann der real wie im Traum übergewichtigen (aber in Wirklichkeit in einem Top Job arbeitenden statt nur Essen in sich stopfenden) Tochter hatte und sich mit der Kollegin (der Nonne aus dem Traum, das zumindest eine drollige Idee) überworfen hat. Na gut, niemand kann was für seine Träume, sagt die Hauptfigur, und hat damit recht - ob man auf DER Grundlage eine komplette TV-Serie machen sollte, weiß ich allerdings wirklich nicht. Zumal dann in der letzten Folge buchstäblich gar nichts mehr passiert - zumindest die Andeutung, dass aus dem Traum vielleicht irgendwas wahr gewesen ist, wäre ganz nett gewesen.


Edit: Sehe gerade, die ganze Chose hat 9 und nicht 8 Folgen, eine kommt noch. Also vergesst erst mal alles, was ich zum Thema "lahme letzte Folge" gesagt haben.

In der Summe für ein paar dann doch eindrückliche Szenen unter dem gewaltigen Vorbehalt aus dem Spoilerabsatz vielleicht so was um 5,5/10. Muss ich aber nicht öfter haben.

Pieces of Her
(Netflix)

Wenn man mit den Cobens (außer den Exoten aus Polen und Spanien) erst mal durch ist, schlägt einem Netflix zur Abwechselung auch mal einen "Slaughter" vor (die US-Schriftstellerin Karin Slaugter hat sich lt. Wiki vor allem mit drastischen Killer-Thrillern einen Namen gemacht, aber für zarte Seelen gleich Entwarnung: Das ist von einer blutigen Szene abgesehen ein sehr softer Stoff, irgendwo auf der Grenze zwischen Krimi, Thriller und Familiendrama).
Und wo wir beim Thema "blutige Szene" sind - die gibt es gleich in Folge eins, und der Auftakt ist tatsächlich auch mit das Beste an der Serie. Aus der besagten Szene resultieren viele Fragen, aber da wird deutlich mit den Erwartungen, speziell an die Hauptfigur, gebrochen - wer da gleich mal aufstöhnt in Richtung "och ne, schon wieder so eine kampfkräftige ÜbersoldierIn im geheimen Ruhestand" kann sich relativ entspannt zurücklehnen.

Das mit dem Zurücklehnen passt auch insofern, als sich Tempo, Spannung und Twistdichte im Folgenden eher in Grenzen halten. Das mit den quantitativ herunterfahrenen "Überraschungen" aka Twists kann man nach der Überdosis, mit der Herr Coben seine Fans diesbezüglich standardmäßig versorgt, durchaus als angenehm empfinden, Langeweile im engeren Sinn kommt trotzdem keine auf, und der Plot macht letztlich auch mehr Sinn, wenn einem das wichtig ist. Dafür muss man/ich die bittere Pille "drölfzig Zeitebenen" schlucken, für mich eine der Pestbeulen des modernen TV. Wobei die eine, die eine bestimmte Phase in der Jugend der älteren Hauptfigur zeigt, durchaus Sinn macht, aber die kurzen Vignetten etwa um die Krebserkrankung der Mutter nehmen doch arg viel Tempo raus und tragen wenig bei.

In kurzen Worten: Schon wieder ein Krimithrillerdrama, das man sich ansehen kann, das aber nicht mitreißt. Schade eigentlich, der Auftakt versprach ein bisschen mehr als die knapp 6/10, die es dann letztlich doch geworden sind.

Lawmen: Bass Reeves (und ein Blick auf das Westernschaffen des Taylor Sheridan). Paramount+

Yellowstone, das ja einen gutgehenden eigenen Thread hat, habe ich mir bislang geschenkt, da befürchte ich eine Art Dallas mit ein paar Schusswechseln. Von den drei (mehr oder weniger authentischen) Westernserien aus der gleichen Feder habe ich "1883" durch und "1923" nach zwei Folgen abgebrochen. Letzteres vor allem, weil mir der öde Afrikateil so gar nicht passte, und mir auch Ford mit seiner Ein-Gesichtsausdruck-Grimmigkeit und der generellen Selbstjustizfreude der Hauptfigur eher unsympathisch waren. Das mit der Selbstjustiz zieht sich durch alle Sheridans bis zu Lioness, und ich muss da dem Mann leider eine ungut positive Einstellung zu dem Thema unterstellen. Wobei man da im Westernumfeld immer sagen kann: Na gut, ist historisch, das bilde ich nur ab. Allein, und damit bin ich bei 1883 - da wimmelt es ansonsten nur so von historischen Ungenauigkeiten (1883 war der Oregon-Trail längst zu, Zielfernrohre gab es noch nicht, Mode und Makeup der jungen weiblichen Hauptfigur sind viel zu schick, und dass die Deutschen/Osteuropäer ihre Leichen ausgepeitscht haben, wenn die verbotenerweise geschwommen sind, hat der wohl eher aus einem schlechten Comic als auch einem Geschichtsbuch). Generell störte mich an 1883 vor allem die Figur von May, die als Prärieschönchen und Früh-Influencerin rüberkommt und für ihr Alter viel pseudopoetisches dummes Zeug schwurbeln darf. Als Ausgleich dienen Elliot, der als einziger den Westerner glaubhaft verkörpert, ein paar schöne Panoramen und etwas altmodische Western-Action mit Indianer contra Wagenburg und sehr distanziert inszenierten Shootouts. Für die Serie wäre ich bei so was um 5/10.

Womit ich endlich bei "Bass Reeves" angekommen bin. Vom Ballast der Duttons befreit, leidet die Serie dann wiederum am Ballast einer historischen Figur, zu der man vieles nachlesen kann, etwa dass sie in ihrem langen erfolgreichen Lawman-Leben nie auch nur von einer einzigen Kugel getroffen wurde, was nicht unbedingt spannungsfördernd ist. Auch hier halten sich Stärken und Schwächen grob die Waage: Die Auftaktszenen mit Bass als Sklave sind ganz interessant, sein Aufstieg zum akzeptierten US-Marshall geht dann aber sehr fix (und die auch einmal in der Serie gestellte Frage, woher der so gut schießen kann, wird auch nie beantwortet). Gegen Ende überlagern wieder schwergewichtige Themen wie Rassismus und Selbstjustiz die Sache und ziehen Tempo raus - das Finale gegen den etwas gewollt wirkenden Endgegner (durchaus bedrohlich immerhin: Barry Pepper) ist dann sehr simpel gestrickt. Generell sind die 8 Folgen korrespondierend mit den Einfach-Titeln (I, II, ..) erzählerisch wenig ausgefuchst - leztlich ist das ein Western-Procedural mit dem "Verbrecher der Woche", den es zu killen oder an den Galgen zu bringen gilt, dazu etwas soapiges Familienleben (steht bei Sheridan wohl auch auf der Must-Have-Liste), ein paar zeitgemäße Themen. Unfreundlich ausgedrückt ein um Gewalt und Blut ergänztes Bonanza für das Jahr 2023 - bei aller Nostalgie, das hätte in der Form nicht sein müssen. Trotzdem von den Sheridan-Serien sicher der "authentischste" Western, auch wenn das mit der Vorgeschichte kein Kunststück ist. 5,5/10.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Moonshade

Der Pass (aktuell Netflix, von Sky)

Dank freundlicher Lizenzierung jetzt die drei Staffeln von "Der Pass" durchgeschaut und erfreut festgestellt, dass die Deutschen/Österreicher aus einem bestehenden Konzept (die Grundlage ist die skandinavische Serie "The Bridge") durchaus etwas Eigenes und visuell und dramatisch Beklemmendes machen können.

Dabei kommen drei sehr unterschiedliche Staffeln heraus, die neben dem jeweiligen Standardplot (Staffel 1 und 3 haben sendungsbewusste Serienkiller, Staffel 2 einen zwanggetriebenen Gewalttäter) mit den stark belasteten Hauptfiguren genauso interessante Nebenschauplätze aufmachen und reichlich die Füße in Folkhorror und Naturmystik rumbaumeln lassen.

Julia Jentsch ist zunächst ein bissl zu straight, wird dann aber in ihrer Besessenheit immer schattiger im Verlauf, während der scheinbar dekadent-degenerierte Pillenpopper Nicholas Ofczarek (allein wegen ihm lohnt sich die Serie) erst mit den Ermittlungen wächst und später neue Abgründe freischaltet.

Getreu dem Motto, hier kommt keiner lebend oder unbefleckt raus, gibt es hier nie echte Happy Ends, stattdessen hängen die Polizisten zwischen Vorgesetzten, dem Druck der Medien und geschützten oder sich selbst gut schützenden Tätern fest und müsste Halbgares und Illegales unternehmen, um überhaupt ans Ziel zu kommen.

Das Ganze wird so kalt, grau, entsättigt, düster und hoffnungslos vorgetragen, so urwüchsig udn abgründig, dass es beinahe wie aus einem Horrorfilm wirkt (speziell die fast meditativ gruselige Staffel 3). Dabei verzichtet man auf vordergründige Action und Tempo, verlässt sich auf den inneren Druck und die permanente Unruhe und greift teilweise unangenehm zu roter Soße, Wunden, Selbstverletzungen und ähnlich abartigem Kram. Den Eindruck, den die Grenzregion hinterlässt ist übel - da wohnen echt nur abgründige und kaputte Typen, aber der Hintergrund bzw. die Motivationen sind schon mit der Gegenwart verbandelt, seien es jetzt Korruption, Unterwanderung, Bezüge zum organisierten Verbrechen, Reichsbürger oder Zivilisationskritik.

Obwohl das alles wechselhaft präzise und dann wieder elegisch-verspielt präsentiert wird, hat die Serie trotz Stilwechseln starke Sogwirkung. Mitdenken ist nicht optional, die Sache ist immer verzwickt und hie und da muss man die Untertitel anschalten, aber generell kann man sagen, dass die Macher ihr Handwerk gelernt haben, für deutsche Verhältnisse ist das eine Genreoffenbarung. 8,5/10
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

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