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The Queen's Gambit (Das Damengambit) - von Scott Frank (Netflix)

Begonnen von Stefan M, 8 Dezember 2020, 16:32:39

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Stefan M

Dieses Forum noch ohne die erfolgreiche Netflix-Serie schlechthin?

https://www.gq-magazin.de/entertainment/artikel/das-damengambit-netflix-miniserie-stellt-streamingrekord-auf

Kann doch nicht sein.

Ich habe die siebenteilige Serie an drei Abenden gesehen und kann mich dem Lob, der ihr aktuell fast allerorten zuteil wird (8,7 bei IMDb), nur anschließen. Inhaltlich wird sicherlich nicht das Rad neu erfunden, das grundsätzliche Konstrukt hat man so ähnlich schon in anderen Erfolgs-Storys gesehen, aber die Art und Weise, wie Scott Frank die Geschichte eines Waisenkindes erzählt, das frühzeitig die Leidenschaft für das Schachspiel entdeckt und zu einer hübschen jungen Frau heranreift, die sich, obwohl es im richtigen Leben noch keine Schachweltmeisterin gegeben hat, in der Männerdomäne behaupten kann, womit sie sich neben Bewunderern auch zahlreiche Verehrer angeln kann, die aber nach dem Schach nur die zweite Geige spielen können, ist in jeder Hinsicht auf höchstem Niveau.

Die Serie verfolgt über ein Jahrzehnt das Leben der fiktiven Beth Harmon, wie sie als Neunjährige in ein Waisenhaus gebracht wird und dort frühzeitig tablettenabhängig wird, während sie parallel beim Hausmeister das Schachspielen erlernt und als Naturtalent es bald selbst mit High-School-Schülern aufnehmen kann, später dann in eine Pflegefamilie kommt, um bald darauf auf eigenen Beinen stehen zu lernen. "Das Damengambit" holt die 50er- und 60er-Jahre zurück auf den Bildschirm, als würde man tatsächlich einer Serie beiwohnen, die in diesem Zeitraum gedreht wurde. Die Ausstattung ist top, Carols Rafael Riveras Musik ein Traum - und Anya Taylor-Joy als Beth, ohne die in dieser Serie nicht eine einzige Szene auskommen soll, wäre die Entdeckung schlechthin, hätte sie nicht vorab schon für Shyamalan ("Split" und "Glass") und Robert Eggers ("The VVitch") in Horror-Beiträgen bewiesen, wozu sie fähig ist, aber mit "Das Damengambit" wäre sie nun auch endgültig zum Star aufgestiegen. Die Kamera klebt an ihr, und sie wickelt nicht nur zahlreiche Männerherzen in der Geschichte um den kleinen Finger, sondern auch den Zuschauer.

Besonders schön ist, daß die Serie dabei stets eher Coming-of-Age-Drama bleibt als eine reine "Sport"-Erfolgs-Story. Sie spricht am Beispiel des Lebens der Beth Harmon viele Themen an, die gerade in einer Zeit, in der sich die Diskussionskultur immer weiter verhärtet, umso wichtiger sind, wie etwa das Hochhalten von Freundschaft, fairer Sportsgeist und Zusammenhalt in schwierigen Situationen, die dann sogar länderübergreifend den Kalten Krieg, der hier thematisiert wird, vergessen lassen - und sei es nur für einen Moment. "Das Damengambit" ist gefüllt mit positiven und herzerwärmenden Botschaften, die einen schließlich glücklich aus der Geschichte entlassen. Gleichzeitig steht letztlich ein ambivalentes Ende,
Spoiler: zeige
denn auch wenn Beth als umjubelte Siegerin geht, bleibt beim Weiterdenken die Frage offen, ob sie wohl jemals dauerhaft die Kurve kriegen wird, solange für sie das Schachspiel der große (und fast einzige) Lebensinhalt bleibt.


Neben ausführlichen Charakterporträts auch vieler Nebenfiguren, die freilich alle gegen die starke Frauenrolle verblassen, sind auch die Sportelemente außerordentlich mitreißend geraten, was man vorab durchaus anzweifeln darf, da zwei Menschen, die vor einem Schachbrett sitzen, nicht sonderlich aufregend klingen. Gerade das - übrigens auch von Schachprofis als sehr akkurat bezeichnete - Finale aber wird nicht zuletzt dank des dynamischen Schnittes und der musikalischen Untermalung ein wahrer Thriller, selbst wenn man nicht weiß, was genau sich auf dem Brett gerade abspielen mag. Und in der Schlußszene darf dann auch gern das eine oder andere Tränchen vergossen werden.

Eine wunderschöne Serie, die ihren Erfolg vollauf verdient hat.
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

JasonXtreme

Kann mich dem Lob nur anschließen, wobei die Serie ja wirklich locker von der Hauptdarstellerin fast alleine getragen wird - die ist echt richtig gut! Alles in allem würde ich auf eine 8/10 gehen
"Hör mal, du kannst mein Ding nicht Prinzessin Sofia nennen. Wenn du meinem Ding schon einen Namen geben willst, dann muss es schon was supermaskulines sein. Sowas wie Spike oder Butch oder Krull, The Warrior King, aber NICHT Prinzessin Sofia."

Moonshade

Wie passend - ich schau das auch gerade (vier Folgen hab ich intus) und halte es jetzt schon für eine wirklich höchstgelungene Adaption, kein Fett zu viel, so gut wie keine Klischees, nichts typisch Erwartbares, sondern einfach ein prima Personendrama mit ordentlich Dampf auf dem Kessel und viel gutem Lokal- und Zeitkolorit, noch dazu toll ausgestattet.

Taylor-Joy ist mit ihren "Augen" Alien und Autist genug, um das Schachbegabtenthema zu tragen - wobei mich allerdings der Schachboom, den die Serie ausgelöst hat, etwas verwundert, denn eigentlich geht die Serie nur sehr rudimentär auf das Spiel an sich ein (und auch noch mehr als Metapher für die Vorkommnisse im wirklichen Leben) und behandelt es selten als Spannungselement, das man nachvollziehen kann. Die Spannung kommt aus den Persönlichkeiten und Charakteren.

Manchmal zuckt es bei mir (früher mal in der Schule jahrelang gespielt), wenn hier auch beim Meister- und Großmeisterschach ungeheures (und unrealistisches) Tempo vorgelegt wird, aber alles andere wäre eben auch nicht förderlich für die Dramaturgie. Ich muss ja auch keinen Warp-Antrieb verstehen, um mich an seiner Wirkung zu erfreuen.

Kann es nur jedem empfehlen, der auf Emanzipationsthemen, Zeitgeschichte, Außenseiterstories steht und freue mich, dass man die 7 Folgen als abgeschlossen betrachten kann, ohne sie danach totzuwalzen.

Irgendwo zwischen 8 und 9/10 augenblicklich.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

Eric

Kann mich den positiven Meinungen nur anschliessen. Bin, lustigerweise wie Moonie, auch erst bei Folge 4.

Ich habe diese geniale Miniserie jetzt wochenlang unbeachtet gelassen, da ich mir dachte ,,Frauen und Schach?" Interessiert mich in dieser Kombination irgendwie nicht.
Was für ein Fehler!

Daher bin ich aktuell auch bei einer 8/10.
Liebe Ursula,
wünsch dir frohe Ostern, nen tollen Namenstag und nen guten Rutsch ins Jahr 1978!
Grüsse aus der Alzheimergruppe, deine Tante Günther!

Ich hasse Menschen, Tiere + Pflanzen. Steine sind ok.

Moonshade

Ich hab das "Schach" erst gar nicht beachtet, sondern nur auf "begabt", "Drogen" und "Alkohol" geachtet (obwohl ich generell auch klischeehafte "Frauenthemen"-Einteilungen eigentlich nicht als solche nehme, sondern individuell entscheide, ob mich das Thema anspricht).
Erst als die Frau mit einem Review kam und "Schach" als Thema in die Hirnrinde sickerte, kam die Kopf-Tisch-Reaktion.
Und es hat sich gelohnt...
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"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

Eric

Bei mir war es zum grossen Teil einfach der Name der Serie.
DAS DAMEN GAMBIT klingt nun mal nicht gerade ,,aufregend" sondern in meinen Ohren eher nach dem LITERARISCHEN QUARTETT oder dem sonntäglichen Presseclub.

Daher zitiere ich mich gerne selber: ,,Was für ein Fehler!"
Liebe Ursula,
wünsch dir frohe Ostern, nen tollen Namenstag und nen guten Rutsch ins Jahr 1978!
Grüsse aus der Alzheimergruppe, deine Tante Günther!

Ich hasse Menschen, Tiere + Pflanzen. Steine sind ok.

Stefan M

Zitat von: Moonshade am 10 Dezember 2020, 14:14:44Manchmal zuckt es bei mir (früher mal in der Schule jahrelang gespielt), wenn hier auch beim Meister- und Großmeisterschach ungeheures (und unrealistisches) Tempo vorgelegt wird, aber alles andere wäre eben auch nicht förderlich für die Dramaturgie. Ich muss ja auch keinen Warp-Antrieb verstehen, um mich an seiner Wirkung zu erfreuen.
Wenn man ganz penibel sein will, könnte man sich auch an den Verhaltensweisen der Spieler während der Schachpartien stoßen, die sich hier ja oft genug einen "Ist das jetzt dein Ernst?"- oder "Guter Zug, oder?"-Blick zuwerfen, aber auch das hat natürlich dramaturgische Gründe, um auch den schachunkundigen Zuschauer emotional mit an die Hand zu nehmen.
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

Eric

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Moonshade

Ich bin inzwischen auch durch und schließe mich Eric an - 9/10 erscheint mir mehr als angemessen für dieses kleine Schmuckstück.

Es gab zwar in der 6. Folge für mich einen Durchhänger bei dem Alkoholismus-Absturz - der komplette Alki-Subplot schien mir etwas unterrepräsentiert und auch nicht gerade schlüssig motiviert aber das Finale macht die Sache dann wieder enorm kribblig, nur für den Fall, dass man glaubt, Schach sei undramatisch.

Sehr amüsant fand ich die Nachfrage der Frau, als dann Blitzschach gespielt wurde, das sei ja vermutlich übertrieben schnell dargestellt - und gerade die Darstellung ist hochrealistisch, wobei befreundete Spieler das Ganze währenddessen auch noch analysieren und sich gegenseitig die Fehler des Anderen ansagen.

Das Ende fand ich etwas "abrupt", wenn man bedenkt, dass da keine Fortsetzung geplant oder drin ist, man hätte halt gern noch was erfahren zu ihrem weiteren Umgang mit ihrer Haßliebe Schach und den beteiligten Männern und Frauen, aber es war immerhin halbwegs rund.

Enorm feine Sache!
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"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

mali

Beste Serie seit langer Zeit - sehr unerwartet. Mit der Taylor-Joy konnte ich bisher nicht wirklich was anfangen, aber hier war das "Alien" schlicht und einfach die perfekte Besetzung.

Wie immer wenn sowas Gutes vorbei ist trauert man dann doch das keine weiteren Folgen geplant sind, aber in der Vergangenheit haben wir ja alle gelernt, das gerade sowas dann als "besonders" in Erinnerung bleibt :-)


StS

Die ,,Netflix"-Mini-Serie ,,the Queen's Gambit" (2020) hatte ich mir eingangs nicht gleich angesehen, da mich Schach nicht sonderlich interessiert – doch je mehr gute Kritiken und Preise das Werk erhielt, desto stärker wuchs meine Neugier... und siehe da: Diese Kombination aus Coming-of-Age- und Sport-Drama ist tatsächlich gleichermaßen unterhaltsam wie klasse geartet – von den vermittelten Emotionen über das detailreiche Produktionsdesign und die stilvoll-hochwertige Inszenierung bis hin zur sympathisch-überzeugenden Besetzung (allen voran die wunderbare Anya Taylor-Joy). Eine schön erzählte Geschichte, bei der die Charaktere stärker im Vordergrund stehen als konkrete Zugfolgen oder ausführlich erörterte Strategien...

knappe 9/10
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Vince

Also ich mochte Schach immer sehr gerne und auch die Serie habe ich durchaus gemocht, aber für die ganz hohen Weihen, die hier vergeben werden, war mir das am Ende doch etwas zu stromlinienförmig in die Komfortzone einer typischen Biopic-Dramaturgie eingebettet. Über 7 Punkte komme ich da nicht hinaus. Aber schon faszinierend, dass so ein Stoff zum Publikumsrenner avancieren kann.

Moonshade

Ich weiß auch nicht, was mich an diesem Bio-Pic so fasziniert hat, aber die Serie ist einfach grundsympathisch und sie verfolgt ja das Prinzip des begabten Underdogs, welche(r) sich durchsetzt gegen ein Meer von zeitgenössischen und sexistischen Widerständen.

So ne positiv konotierte Story kommt gerade (also Pandemie, Druck, seit Jahren depressiv) jetzt bei mir gut an.

Ich seh da deutliche Parallelen zu "Marvelous Mrs.Maisel" (bei Prime), die dasselbe Feelgood-Prinzp bei der Standup-Comedy (auch in den späten 50ern ) anwendet. Nur dass die Serie dann auch noch brüllend komisch ist, wenn die Hauptfigur nicht auf der Bühne steht.
Das ist ein simples Ablenkungs-Brot-und-Spiele-Prinzip, aber ich kann es augenblicklich offenbar brauchen, so wie das Damengambit ebenfalls einen "upbeat" transportiert hat.
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Stefan M

Zitat von: Moonshade am 18 März 2021, 12:16:21Ich weiß auch nicht, was mich an diesem Bio-Pic so fasziniert hat, aber die Serie ist einfach grundsympathisch und sie verfolgt ja das Prinzip des begabten Underdogs, welche(r) sich durchsetzt gegen ein Meer von zeitgenössischen und sexistischen Widerständen.
"Grundsympathisch" trifft es gut. Sicherlich ist "Das Damengambit" vorhersehbar und trotz einiger Tiefschläge, die hier aber schnell abgeschüttelt werden, als wären es lästige Fliegen, relativ stromlinienförmig, aber bei mir kommt es dann auch auf das Wie an: Wie wird mir eine typische Erfolgsstory dargeboten? Und da paßte für mich einfach alles: tolle Hauptdarstellerin, tolles Zeitkolorit, tolle Musik, sympathische Figuren.

"The Marvelous Mrs. Maisel" ist übrigens ein Tip, den ich dankbar in die eigene Watchlist packe.
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

Moonshade

Zitat von: Stefan M am 22 März 2021, 11:53:27"The Marvelous Mrs. Maisel" ist übrigens ein Tip, den ich dankbar in die eigene Watchlist packe.


Ja, halt das mal warm - ich hatte das für eine Sitcom gehalten und landete in einer 50-min-Dramedy (mit Übergewicht auf -medy) aus den 50ern, in denen jüdische Stereotype, Sexismus, Rassismus und Geschlechterklischees immer mal fröhlich-grimmig auf den Kopf gestellt oder ausgestellt werden. Der Albern-Faktor steigt später etwas an, aber generell ist die Serie nicht nur visuell eine Breitseite, sie läuft auch von den Skripts und Dialogen Amok und legt ein brachiales Tempo vor. Bemerkenswert.
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